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I Am Alive In Everything I Touch

Der Aufwand, den ein Konzeptalbum verlangt, hat sich für Silverstein immer ausgezahlt. Das hat ihre 15-jährige Bandgeschichte eindeutig mit den Scheiben ‚A Shipwreck In The Sand‘ (2009) und ‚This Is How The Wind Shifts‘ (2013) gezeigt. Nach der guten, aber zugegeben wenig abwechslungsreichen letzten Platte hat sich der Wind für das kanadische Quintett um Shane Told nun endgültig gedreht. Und das zum Besseren! Auch ‚I Am Alive In Everything I Touch‘ ist ein Konzeptalbum, mit dem Silverstein glücklicherweise weniger an den Vorgänger anschließen, als vielmehr zum erfolgreichen Stil von ‚A Shipwreck In The Sand‘ zurückkehren. Damit etablieren sie sich auch wieder als Vorreiter in der Posthardcore/Emocore-Szene, die sie einige Jahren nach ihrer Gründung im Jahr 2000 maßgeblich geprägt haben, bevor sie lange Zeit anderen Bands die Bühne überließen.

Das neue Album ist gleichzeitig härter und melodischer, einfach stimmiger als der Vorgänger und trägt wieder unverkennbar die prägnante Handschrift der Band: eine mitreißende Kombination aus von Emotionen getragenen screams und eingängigen, zum Mitsingen anregenden Refrains. Das Konzept des Albums ist dabei das Sahnehäubchen oben drauf: Je drei Songs bilden eins von vier Kapiteln, die auf vier der Anemoi anspielen, die Götter des Windes aus der griechischen Mythologie: ‚Borealis‘ (Norden), ‚Austeralis‘ (Süden), ‚Zephyrus‘ (Westen) und ‚Eurus‘ (Osten). Jedes Kapitel repräsentiert eine geographische Region und jeder Song spielt in einer dort gelegenen Stadt.

Beim Hören begleitet man Sänger Shane Told also auf eine Reise und nicht ganz überraschend ist der Weg allzu oft gepflastert mit dem Gefühl der Einsamkeit und Enttäuschung. Die größten und beachtlichsten Meilensteine sind dabei ‚A Midwestern State Of Emergency‘, ‚Buried At Sea‘ und ‚The Continual Condition‘ – und dazwischen in Gestalt des ruhigen Stücks ‚Late On 6th‘ eine Verschnaufpause, die Gelegenheit gibt zurück zu blicken auf die eigenen Fehler und Verluste. Und schließlich endet mit der schönen Ballade ‚Toronto (Unabridged)‘ die Reise dort, wo sie begann: in der Hauptstadt von Ontario, der Heimat von Silverstein. Obwohl sich diese fremd anfühlt, scheint der Wandernde auf seinen Wegen von Nord nach Süd und West nach Ost Einiges verarbeitet zu haben. Ganz klar ist die Musik die Art, wie Told seine Emotionen verarbeitet. Mutigerweise lässt einen daran teilhaben und hilft damit, neben der Musik, auch einigen seiner Zuhörer, ähnliche Probleme des Lebens selbst besser zu bewältigen.

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