HÜTTE ROCKT – Die Schlammschlacht am Teutoburger Wald

Es gibt sie noch, die kleinen, aber umso feineren Festivals, die völlig abseits von Kommerz und Live-Stream-Übertragungen bei Telekommunikationsanbietern (die noch mehr Geld in die Kassen spülen), ein formidables Angebot auf die Beine stellen. Im Frühjahr haben wir schon vom EselRock berichtet, heute sind wir in Georgsmarienhütte bei Osnabrück. Ähnlich wie in Wesel sind hier fast ausschließlich ehrenamtliche Menschen im Einsatz (fast 300!), die ein dreitägiges Programm auf die Beine stellen, das mit einer fantastischen Mischung aus unbekannten Künstler*innen, semi-bekannten Bands, aber auch wirklichen Big Names aufwartet. In den letzten Jahren gaben sich hier am Rande des Teutoburger Waldes, in dem der Tatort der legendären Varusschlacht vermutet wird, u.a. Madsen, die Donots oder The Subways die Klinke in die Hand. Heuer waren an den ersten beiden Tagen (der Donnerstag steht traditionell den Kindern und deren Eltern zu) Heavysaurus, Kapelle Petra und  Zebrahead bei schönstem Sommerwetter zu sehen, leider ohne unsere Beteiligung. Unser Redakteur hat sich den Samstag vorgenommen, der sich leider die gesamte Nacht und weite Teile des Vormittages mit echtem norddeutschen Schiet-Wetter gezeigt, und so das Infield in eine wahren Schlammwüste verwandelt hat.

Der aufgeweichte Boden, und der immer wieder einsetzende Regen, schaffen es aber nicht, die Stimmung  runterzuziehen (immerhin war es angenehm warm), und so finden sich kurz nach dem Mittagessen bereits eine große Menschenmasse vor der Hauptbühne, um die Lokalmatadoren von Hi!Spencer abzufeiern. Schlauer Move der Planer, die Jungs so früh ins Rennen zu schicken. Der Platz ist voll, und tatsächlich kann im Nachgang keine andere Band auf ein so textsicheres Publikum blicken. Aus nicht wenigen Mündern kann man die Aussage „heimlicher Top Act“ vernehmen, auch wenn Teile der Truppe unter einem kleinen Party-Jetlag einer Hochzeitsfeier leiden.

Immer wenn auf der Mainstage Pause ist, sind auf der Zeltbühne Combos zu sehen, und am hinteren Ende des Geländes -dem Wohnzimmer- unterhalten ruhigere Singer-/Songwriter die Leute. Und so werfen sich Jail Job Eve, die Basement Apes, Prächtig und Lynger im Wechsel das Mikro zu. Leider ist die Menge an Zuschauenden an den kleinen Bühnen aufgrund der stickigen Luft (Zelt), oder immer wieder einsetzen Schauern dann phasenweise überschaubar, was aber definitiv nicht an der Qualität der Darbietungen liegt. Es ist im Übrigen ein extrem bunt gemischter Haufen an Gästen, von Still- (gut, über deren Teilnahme an einem Rockkonzert darf man vielleicht ein pädagogisches Fragezeichen setzen) und Schulkindern, über Jugendliche und junge Erwachsene, bis hin zu anerkannten Silberrücken ist es eine absolut friedliche Mischung von mehreren tausend Menschen – sogar die Securitys tanzen und klatschen im Graben mit!

Raum 27 bringen dann auf der großen Spielfläche mit ihrer Version von Pop die Menge wieder zum Tanzen, bevor unsere Lieblingsverwandte Deine Cousine die Hütte abreißt. Trotz leicht ausgedünnter Band (nur eine Gitarre), nimmt sie knapp eine Stunde mit ihrer totalen Bühnenpräsenz alle in ihren Bann, und tanzt wie ein Flummi in jeder Sekunde über die Bretter.

Nach diesem Statement haben es OK KID mit ihren eher poppigen Nummern ein wenig schwer, aber auch deren Darbietung überzeugt nach einer kurzen Warmlaufphase am Ende alle.

„Heute ist unser letzter Auftritt des Jahres, und wir legen noch einmal alles rein!“, verspricht Leoniden-Frontmann Jakob, und genau das passiert. Die fünf Herren aus Kiel liefern einen dermaßen amtlichen Headliner-Gig ab, dass man sich fragt, warum eigentlich jedes Jahr die Hosen oder die Foo Fighters Rock am Ring beenden. Hammer-Show!

Leider fällt Team Scheiße der Anbindung an den ÖPNV zum Opfer, aber nach bummelig zehn Stunden durchgehend guter Unterhaltung können wir nur den Appell nach draußen geben: Liebe Musikinteressierte, unterstützt diese Art von Events! Es sind wirklich diese Perlen, die in liebevoller Organisation von Freiwilligen auf die Beine gestellt werden und auf keinen Fall aussterben dürfen! Es sind genau diese Tage, die auch immer wieder Kapellen neben Metallica oder den Ärzten eine Bühne bieten, und den Fans entspannte Kultur-Tage bieten.

 

PS: Es gibt bereits jetzt Karten für 2024 😉

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Nachlese Hütte Rockt 2021

 

Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda

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