|

Higher Truth

Als Solokünstler macht Chris Cornell eine Wandlung durch, die man von einem grungigen Altrocker so nicht erwarten würde. Nachdem der letzte Alleingang ‚Scream‘ die Popnummer bediente und er im Zuge der Produktion mit Allzweckwaffe Timbaland arbeitete, machte Cornell sich damit mehr Feinde als Freunde. Nun zieht es ihn auf ‚Higher Truth‘ zurück in die klassische Rockschiene – allerdings mehr sanft als hart, oder mehr lieb als böse. Er hat den Rebell gezähmt und verdeutlicht noch einmal: Den zerschlissenen Schuhen ist er schon längst entwachsen.

Es ist doch aber auch nach vier Soloplatten fast schon absurd den ehemaligen Soundgarden und Audioslave-Frontmann in sich sanft entfaltenden Akustiksongs zu hören. Weiche Melodien, Countrygitarren und stetige Drums leiten galant von einem zum anderen Song. Einzig seine Stimme begehrt auf, das Kratzen ein letztes Merkmal der etwas härteren Tage. Wenn die Mandoline in Opener ‚Nearly Forgot My Broken Heart‘ einsetzt, summt man im netten Einklang zur eingängigen Melodie und stolpert schon fast über die röhrige Whiskey-Stimme Chris Cornells, der sich eben doch nicht nur auf kuscheligen Rock reduzieren lassen will. Zusammen mit den die Songs beherrschenden Stahlseitengitarren geleitet der Sänger einen zum Lagerfeuer in der amerikanischen Provinz. Songs wie ‚Circling‘ und ‚Murderer of Blue Skies‘ bringen so nicht unbedingt das Blut in Wallung, garantieren aber einen netten Abend.

Der Rest des Albums driftet trotzdem schnell Richtung Belanglosigkeit. ‚Higher Truth‘ geht mit einer niet- und nagelfesten Produktion, die keinerlei Lücken für ein bisschen mehr rohe Seele lässt, zu sehr auf Nummer sicher. So wird das Ganze schnell zum anspruchslosen Stadionrock. Trotz akustischem Ursprung finden sich nämlich genau dort die meisten Songs wieder. Eine Note von Weltmusik soll dazu ‚Our Time In The Universe‘ versprühen. Damit findet sich Chris Cornell aber einmal mehr auf dem Holzweg und zerstört die vorige Lagerfeuer-Atmosphäre durch so etwas wie orientalische Hintergrundmusik.

Chris Cornell hat es mit seiner vorigen Musikkarriere auch schlicht und ergreifend nicht leicht. Die einen sehen ihn für immer als Grunge-Helden, die anderen kennen ihn als den, der mal den Bond-Song gesungen hat. Her wie Hin, ‚Higher Truth‘ zähmt jegliches Aufbegehren und präsentiert Chris Cornell als waschechten Country-Typ, der mit der Klampfe am Lagerfeuer seine Songs übers Leben singt.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar