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HEY!

Seit knapp 30 Jahren sind sie quasi die Speerspitze der deutschen Mittelalter-Rock-Szene (wobei es das Genre woanders ja auch gar nicht in diesem Ausmaße gibt) und legen nach fünf Jahren endlich ein neues Studioalbum vor. Subway To Sally haben in ihrer Karriere viel erreicht und unzählige treue Fans um sich gescharrt. Oft schon stand ein neues Album der Postdamer auch für den Beginn einer neuen Phase der Bandgeschichte, zum Beispiel wurden beim Vorgänger „Mitgift“ zum ersten Mal im größeren Stil elektronische Elemente eingebaut. So markiert jetzt auch „Hey!“ eine teilweise vollzogene Neuausrichtung.

Mit ins Boot haben sich Eric Fish und seine Mannen (und Frau: Ally Storch ersetzt ja seit 2016 die schmerzlich vermisste Frau Schmitt an der Violine) ein paar Gastmusiker geholt. Es kreischt schon im Opener ‚Island‘ Chris Harms von Lord Of The Lost mit, was das Zeug hält. Später gesellt sich dann Dero von Oomph! mit dazu, außerdem ist Syrah von Qntal mit dabei. Jetzt müssen die alten Fans aber tapfer sein, denn insgesamt setzt sich die schon auf „Mitgift“ begonnenen Entwicklung der Band weiter fort: Immer mehr elektronische Parts finden sich in den Arrangements, die mittelalterlichen Instrumente werden weiter in den Hintergrund gedrängt. Die schon erwähnte Frau Storch darf zwar fleißig Violine und Viola spielen, doch insgesamt bleiben die Geigenparts im Mix eher im Hintergrund. Schon im zweiten Track ‚Imperator Rex Graecorum‘ dominieren die Beats und Elektroparts. Diese Weiterentwicklung mag ein neues Kapitel der Bandgeschichte der Potsdamer aufschlagen, lässt aber doch schmerzlich Erinnerungen an die frühere Werke wie Hochzeit oder Bannkreis aufkommen, als die Mischung aus Mittelalter-Parts und harten Gitarrenriffs einfach noch besser funktioniert hat.

Die überwiegend von Bodenski geschriebenen Texte sind in typischer Subway-Manier polemisch, poetisch, streckenweise sarkastisch, kritisch, teils apokalyptisch. Alles also beim Alten? Nicht ganz, denn was hier auffällt, sind die vielfach verwendeten Chorgesänge mit so einfallsreichen Lyrics wie das titelgebende „Hey!“ (ok, kann man mal machen) oder auch „na na na na na“ und immer wieder „ohohooohooo“ (muss das jetzt wirklich sein?). So etwas passt zum Stadionrock der Toten Hosen, aber nicht unbedingt zu einer Band wie Subway To Sally. Wer’s mag, bekommt aber die volle Dröhnung zum Mitgröhlen, aber unterm Strich wirkt das einfallslos und platt.

Der Song ‚Königin der Käfer‘ wurde bereits vorab als Single ausgekoppelt und dürfte damit dem einen oder anderen bereits bekannt sein. Da haben wir auch gleich den besten Track der Scheibe: Im Grunde Subway-typische Melodien treffen auf leicht morbid-düstere Texte. Hier halten sich die elektronischen Parts dezent im Hintergrund, und die Texte erinnern wohlig an alte Bandzeiten. Das schon erwähnte erste Albumsong ‚Island‘ beginnt mit starken Fanfaren und weckt große Erwartungen, die aber mit dem folgenden Album leider nur teilweise erfüllt werden können. Chris Harms liefert als Gastsänger eine solide Arbeit ab, aber der Stil will nicht so ganz zum bisherigen Subway-Output passen. Nun sind Veränderung und Experimentierfreude ja nicht per se schlecht, und garantiert wird auch dieses Album seine Anhänger finden und sich gut verkaufen, aber man weiß einfach, dass die Potsdamer mehr können, wenn sie denn dann wollen.

Es gibt zum Glück aber auch ein paar wirkliche Highlights, und in diesen Momenten spürt man, wie die ganze Platte ohne die belanglosen Chöre und teils platten Texte hätte werden können. So weiß die emotionale Nummer ‚Am Tiefen See‘, die als Fortsetzung zur ‚Rose im Wasser‘ gedacht ist, durch ihre Stimmung und Atmosphäre zu gefallen und bietet eine interessante Abwechslung zwischen Syrahs Stimme und den folkloristischen Ansätzen der Musik. ‚Aufgewacht‘ ist eine gut tanzbare Nummer, die gut nach vorne geht. Der Titeltrack besteht dann leider wieder nur (!) aus „Na na na“-Lyrics mit dem „Subway To Sally Fanchor“. Das mag dem einen oder anderen gefallen und Spaß machen, vielleicht auch live für Spaß und Stimmung sorgen, aber für eine Band, die mit lyrischer Poesie und einem ausgefeilten Mix aus Metal, Folk und Mittelalter bekannt geworden ist, wird hier einfach zu wenig vorgelegt. Dazu kommt der hohe Elektroanteil, den man mögen muss, um an „Hey!“ irgendwie seinen Spaß zu finden.

Das 13. Studioalbum ist sicher keine schlechte Scheibe geworden und wird seine Fans finden, und gerade auch als die hervorragende Liveband, die Subway To Sally schon immer gewesen ist, wird die Truppe auf den nächsten Festivals gute Stimmung damit machen. Dennoch: Für Subway To Sally ist „Hey!“ nach den makabren Mitgift-Geschichten ein formaler Rückschritt, ein nur teilweise gelungenes Experiment mit starken Höhen, aber leider eben auch viel zu vielen (Un)tiefen.

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