Under The Red Cloud
Auf das 25. Jubiläumsjahr der Bandgründung der finnischen Metal-Helden Amorphis fällt gleichzeitig die Veröffentlichung des inzwischen zwölften Studioalbums. Doppel-Glückwünsche sind angemessen, denn „Under The Red Cloud“ ist einmal mehr ein Ton gewordener Beweis dafür, dass das Sextett zu den innovativsten Metal-Kapellen des ohnehin sehr metal-affinen Skandinaviens gehört. Mit ihrem grandiosen Zweitwerk „Tales From The Thousand Lakes“ haben die Finnen lange vor anderen Bands, die man typischerweise mit diesem Genre verbindet, melodischen Death-Metal mitbegründet. So gesehen waren Amorphis über die Jahre mit ihren unterschiedlichsten Einflüssen aus Death-, Gothic-, Folk-, Melodic- und Progressive Metal seit jeher eine Band mit einem weiten Horizont. Und was sonst kann wohl eine bessere Grundlage dafür sein, über die Jahre relevant zu bleiben als eine solche Aufgeschlossenheit?
Beeindruckend eröffnet der Titeltrack das neueste Opus der Finnen, denn er bietet bereits die komplette Metalkutte aller typischen Markenzeichen der Band: Klar- und Growlgesang, harmonisch-melancholische Gitarren- und Keyboardsoli, ein folkloristisch angehauchtes musikalisches Themea und eine moderne Produktion, die unaufgeregt aber sehr lebendig klingt. ‚Bad Blood‘ zeigt die stimmliche Bandbreite des charismatischen Frontmanns Tomi Joutsen. Zwischen derbe-groovigem Gegrowle in den Strophen des Songs legt der Sänger gemeinsam mit Lead-Gitarrist Esa Holopainen und Keyboarder Santeri Kallio eine folkig-leichte Melodie im Refrain hin, die einen schon beim ersten Hördurchgang gefangen nimmt. Bei ‚The Skull‘ als auch der vorab per Video vorgestellten Single ‚Sacrifice‘ flechtet die Band dezent eine ihrer weiteren Trademarks ein – orientalische Anleihen. Kaum erkennbar aber doch erstaunlich präsent prägen sie die wundervollen Songs mit. Bei ‚Enemy At The Gates‘ ist der arabische Einfluss offensichtlich, aber ebenso gelungen – wenn auch nur bei einem kurzen Riff zu Beginn. Das fulminante ‚Tree If Ages‘ ist der Song für alle Methorn-Schwingenden Folk-Metaller und beginnt bezeichnenderweise mit einer kleinen Flötenmelodie – nur um kurz darauf von den deftigen Growls Joutsens zielsicher zertrümmert zu werden. Mit ähnlicher Power kriegen das derzeit wohl nur noch Amorphis Landsmänner Ensiferum hin.
Zehn Songs (auf der Special-Edition 12) lang bietet der finnische Sechser mit diesem wieder etwas härteren Album all sein Können auf und zeigt beeindruckende Vielseitigkeit gepaart mit treffsicherem Songwriting, emotionalem Tiefgang und musikalischer Finesse. Auf Amorphis und ihren eigenständigen melancholisch-melodischen Metal konnten sich schon eh und je Metalheads aus den unterschiedlichsten Lagern einigen. Mit diesem grandios-vielseitigen Album wird sich daran definitiv nichts ändern!