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Appetite For Democracy

Wer dachte, dass Guns N‘ Roses-Fans eine Menge Geduld brauchten, um 2008 nach 13 Jahren das (immer noch aktuelle!) Studioalbum „Chinese Democracy“ in den Händen zu halten, der wird mit „Appetite For Democracy“ eines Besseren belehrt. Denn der Konzertfilm aus dem Hard Rock Casino in Las Vegas wurde schon im November 2012 aufgezeichnet und ist der erste von Guns N’Roses seit über 20 Jahren. Zuletzt erschienen 1992, in dem Jahr, als Bill Clinton Präsident der USA wurde, die in Tokyo gefilmten „Use Your Illusion“-Konzertvideos.

Diese 22 Jahre sieht man in dem von Barry Summers produzierten Film vor allem Axl an. Tobte er damals als Posterboy im offenen Hemd und mit Schottenrock über die Bühne, wirkt er heute eher wie ein aufgedunsener Ex-Rockstar beim Fitnessprogramm. (In gewisser Weise trifft das ja auch zu.) Stimmlich aber ist er auf der Höhe, vielleicht sogar besser als ’92 in Tokyo. Störend sind allerdings die Soundeffekte, die seinen Gesang mitunter verstärken oder eher verzerren.

Die Setlist mit einer Netto-Laufzeit von mehr als zweieinhalb Stunden enthält sämtliche Klassiker. Darunter sind Standards wie „Welcome To The Jungle“ und „Sweet Child O‘ Mine“, aber auch selten gehörte Meisterwerke wie „Estranged“ oder „Civil War“. Die furiose Version von „Live And Let Die“ gehört zu den Höhepunkten der Show, in denen nur die Covers von The Who („The Seeker“) und Pink Floyd („Another Brick In The Wall“) überflüssig sind.

Wer „Chinese Democracy“ nicht mochte, wird sich zwischen den alten Hits kaum an den „neuen“ Songs stören. Andernfalls sind besonders „Better“ und „Catcher In The Rye“ eine willkommene Ergänzung des Sets, das schließlich mit einem unbestreitbar hochklassigem Fünferpack endet: „Knockin‘ On Heaven’s Door“, „Nighttrain“, „Used To Love Her“, „Patience“ und „Paradise City“. Das sitzt!

Auf Slashs Rückkehr zu Guns N‘ Roses sollte niemand mehr warten. Angesichts seines großartigen Schaffens mit Myles Kennedy ist das auch nicht wünschenswert. Dass Slash ein integraler Bestandteil von Guns N‘ Roses war, wird insgeheim aber auch Axl einsehen. Vielleicht hat die Band deshalb inzwischen zwei Leadgitarristen. Auch ohne vergleichbaren Kultfaktor sind Ron „Bumblefoot“ Thal und DJ Ashba hervorragende Musiker. Nur Ashbas ständige Gesten in die Kamera nerven. (Auf BluRay gibt es „Appetite For Democracy“ in 3D, vielleicht war das der Anlass.)

Genau wie bei den Konzerten von Axl und Co., die regelmäßig mit deutlicher Verspätung beginnen, stellt sich nun bei der neuen DVD/BluRay die Frage: Hat sich das Warten gelohnt? Ja! Uumindest für Fans aufgeblähter, bombastischer Hardrock-Shows. Denn wenn es einen Abend gab, um die „neuen“ Guns N‘ Roses mit ihrem alten, extrovertierten Frontmann zu sehen, dann war es dieser. Das extralange Set lässt keine Wünsche offen und der Konzertfilm ist tatsächlich ziemlich unterhaltsam. Viva Las Vegas!

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