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Hardwired…To Self-Destruct

Wenn es sich um eine jahrelang etablierte Band handelt, die bald 35 Jahre im Geschäft ist finden sich in der Besprechung eines neuen Albums gerne Sätze wie „Die Helden sind müde geworden“, „Die sind zu alt für diesen Scheiß“ oder „Die haben es immer noch drauf“ oder „man merkt ihnen ihr Alter nicht an“. Alles – oder nichts – davon trifft auf „Hardwired… To Self-Destruct“ von Metallica zu. Denn theoretisch sind Metallica mittlerweile seit 35 Jahren unterwegs, sind schon längst zu alt dafür Pennäler-Metal auf Vinyl zu bannen. Nichtsdestotrotz merkt man der Musik das Alter der Musizierenden nicht an. Vermutlich liegt das darin, dass Metallica zweimal existieren.

Die „alten“ Metallica, das sind die, die der titelgebenden Selbstzerstörung des neuen Albums bereits näher gekommen sind als so ziemlich jede andere Band, wie die unglaubliche Doku „Some Kind Of Monster“ ziemlich gut beweist. Die Bandmitglieder waren tatsächlich so verhärmt, verhärtet, dass eine Selbstzerstörung der Protagonisten imminent war. Andere Bands lösen sich auf, BEVOR den Bandmitgliedern der innere, psychische Crash widerfährt. Bei Metallica schien das nicht greifbare Gebilde „Band“ wichtiger zu wiegen als das Leben der einzelnen.

Irgendwie haben es Metallica aber geschafft, aus diesem Selbstzerstörungsmodus herauszukommen. Das sind die „neuen“ Metallica, die mit „Death Magnetic“ ein halbwegs passables Debutalbum vorgelegt haben. Das aktuell vorliegende „Zweit“werk der Band (den unfassbar miserablen, hochgradig peinlichen Ausrutscher „Lulu“ kehren wir mal gepflegt unter den Tisch) ist ein Schritt nach vorne, nein zwei Schritte nach vorne. Man löst sich von Zwängen. Man lärmt drauflos, mit Riffs die in dieser Form auch von den ganz alten Metallica stammen könnten, Riffs aus einer längst vergangenen Zeit als Metal noch Underground war. Wenn man beide Metallicas zusammen in einen Topf wirft ist „Hardwired…To Self-Destruct“ ein Konglomerat der Musik der gesamten Bandgeschichte, mit dem wohl beschissensten Coverartwork aller Zeiten. Hier schleicht „Carpe Diem, Baby“ durch die Nacht, dort hat „Nothing Else Matters“ eine Gitarre verloren. Die Songs sind strukturell absolut klassisch, melodiös wie lange nicht mehr und das Riffing von „Spit Out the Bone“ ist wie ein Messer aus der Kloschüssel.

Es gibt leider den einen oder anderen etwas uninspirierten Song der gegen den Rest abfällt, man fragt sich ob es wirklich 12 Songs und bald anderthalb Stunden hätten sein müssen, und das eine oder andere Solo von Kirk Hammett ist zuviel und dürfte mit mehrfachen Hören zunehmend nerven.

Für das Füllmaterial, das es ja seit dem schwarzen Album leider immer gibt, wird man aber ausreichend entschädigt. Die Tracks die es in sich haben – „Halo On Fire“, das rasende „Spit Out The Bone“, „Atlas,Rise“, „Dream No More“ („Cthulhu awaking/dreaming no more“….fuck yeah, die Band hat zu den wichtigen lyrischen Themen zurückgefunden!), „Confusion“ oder „Here Comes Revenge“ gehören allesamt zum Besten, was Metallica seit 25 Jahren verzapft haben. „Hardwired…To Self-Destruct“ klingt wie eine Mischung aus schwarzem Album und „Ride The Lightning“.

Interessiert das jetzt wen, ob das von alten Herren nun unbedingt noch nötig wäre? Nein.

Ansonten gilt mehr denn je: Metal war schon immer erzkonservativ und zeitlos. Dieses Album ist der endgültige Beweis dass das auch immer so bleiben wird.

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