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FUNNY VAN DANNEN – Vom Silberfische züchten und Ziegen liebhaben

Es gibt wohl nur wenige Musiker*innen in Deutschland, die so wenig in den üblichen werberelevanten Formaten auftauchen, und es trotzdem geschafft haben, sich eine so große und treue Fangemeinde erarbeitet zu haben, wie es Funny van Dannen über mittlerweile drei Dekaden hat. Heute ist er zu Gast in Münster im seit Wochen ausverkauften Auditorium des LWL-Museums.

„Es ist das erste Mal, dass ich im Museum spiele“, sind die Begrüßungsworte, die Funny an die Gäste richtet, um später augenzwinkernd zu berichten, wie „arschkalt“ es im Backstage ist. Nachdem er im letzten Jahr eine reine Musik-Tournee zu seinem damals frischen Album „Kolossale Gegenwart“ gespielt hat, ist für die aktuelle Reise eine Mischung aus Lesung und Konzert angekündigt, denn neben der Musik (und Malerei) ist er auch als Autor aktiv. Passend dazu hat er sein neues Buch „Angst vor Gott“ und die Best-Of-Scheibe „Funny Vinyl“ im Gepäck. Die erste Halbzeit steht im Zeichen des ausschließlich gesprochenen Wortes. In 70 Minuten liest er zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte, die alle eins gemeinsam haben: Man muss sehr genau zuhören, um den Wortwitz und all die Skurrilitäten mitzubekommen, um die es in den Storys über Schule, Flüchtlingsdiskussionen beim Fußball oder den namensgebenden Hintergrund für Schlangenhautschwanzmäuse geht. Das ist aber auch der einzige „Vorwurf“, dem man den gesamten Abend machen kann. Es ist schon sehr fordernd, all den Zeilen durchgehend aufmerksam zu folgen. Sich einfach nur berieseln lassen, ist heute nicht. Immer wieder streut er in seiner typisch lakonischen Art Ansagen ein, während er seine erkältete Nase putzt, und ein stetiges Lachen ist im Saal zu vernehmen. Als Musikmagazin wollen wir uns aber auf die zweite Halbzeit konzentrieren, in der die gesungenen Texte im Mittelpunkt stehen.

Nach einer kurzen Umbaupause geht es weiter, zunächst mit vorrangig unbekannteren (zum Teil noch unveröffentlichten) Liedern. Auf Political Correctness pfeift van Dannen und hat keinerlei Angst vor irgendwelchen Shitstorms. So singt er von Indianern, Squaws und Chinesen, deren richtiger Platz in der Küche ist. Dass er dabei weit entfernt vom rechten Gedankengut ist, macht er zwischendrin immer mal wieder deutlich, aber es ist heute Abend überhaupt nicht notwendig. Alle Anwesenden verstehen seinen Humor und niemand denkt an Cancel Culture – ein Glück! van Dannen ist aber auch ein formidabler Gitarrist, und sein filigranes Gitarrenspiel muss ebenso hervorgehoben werden. Mal gezupft, mal geschlagen, und immer mit fein eingewobenen Zwischentönen, die nahezu jeden Song auch in einem Western als Score verorten lassen könnten, und ein wenig an den großen Hannes Wader erinnern lassen. Als Funny sich nach einigen Liedern eine Mundharmonika schnappt, pustet er diese erst einmal kräftig durch, denn „da leben Silberfische drin“, um so zu einer weiteren höchst unterhaltsamen Story anzusetzen, wie er diese in kleinen Kisten züchtet und, wenn sie gestorben sind, sie getrocknet und zerrieben als Dünger für seine Blumen dienen („Gibt einen schönen Glanz!“) – herrlich!

Inhaltlich geht es um den Nil, aus dem man trinken darf, ohne erschossen zu werden, Ziegenficker vs. Schweinsteiger, Schabrackentapir-Poster (statt gewünschtem Okapi-Motiv) und Lymphe. Kaum eine Nummer dauert mehr als zweieinhalb Minuten und es geht Schlag auf Schlag. Die ersten Zugaben sind gar noch kürzer, und schaffen kaum die 60-Sekunden-Grenze. Dass der Sänger bei der Masse an Worten und verschiedenen Akkord-Folgen alles von einem Notenständer abliest, ist nur verständlich. Im Schlussspurt wird es dann ein wenig lauter im Saal, denn die nun bekannteren Weisen werden mitgesungen, und als bei „Nana Mouskouri“ die Boxen ausfallen, übernehmen die Fans den Gesang. Glücklicherweise ist nach einer Strophe der Ton wieder da, und es geht ohne weitere technische Probleme weiter, bis schließlich nach mehr als drei Stunden etwa 250 begeisterte Personen das Konzert in die verregnete münsterische Nacht verlassen.

Es bleibt zu hoffen, dass Herr van Dannen es sich noch einmal überlegt, und den in einem seiner seltenen Interviews angekündigten Ruhestand noch einmal verlegt, und weiterhin für amüsante Unterhaltung sorgt!

 

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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda

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