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Courtney Barnett – Die wohlverträgliche Leichtigkeit des Beins

Würde Courtney Barnetts Debütalbum nicht bereits mit dem Wesentlichen glänzen, man müsste ‚Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit‘ noch schnell unter die Anwärter auf den Albumtitel des Jahres schummeln. Der Sprung unter die musikalischen Highlights 2015 ist der energischen Australierin aber schon selbst gelungen – und das im Grunde aus dem Stand.

Es wäre nur allzu verständlich gewesen, hätte Barnett jetzt noch ein wenig Zeit gebraucht, um in die schlagartig veränderten Live-Dimensionen hineinzuwachsen. Erst letztes Jahr bespielte sie noch das beengte Studio 672 unter der gepflegten Grasnarbe des Stadtgartens. Im ungleich geräumigeren Bürgerhaus Stollwerck schien es allerdings nicht einmal so, als hätte sie je Anderes getrieben, als ihre Songs vor Hunderten zum Besten zu geben.

Wer Wert darauf legt, seinen Stars möglichst nahe zu sein, hatte es heute vor der linken Bühnenhälfte ganz gut getroffen. Dort nämlich geht die Frau des Abends ganz unkonventionell auf Position, während im Herzen der Stage ein ansehnliches Loch klafft. Ein Bassist und ein Schlagzeuger begleiten sie; entsprechend transparent fallen auch die Arrangements aus, wenn nicht gerade – wie während der ganzen kleinen Schrammel-Anfälle zwischendurch – die Effektgeräte auf Durchzug stehen.

Courtney Barnetts Talent, vertrackte Gefühlslagen in – pardon my french – launigen Indie-Rock zu transponieren kommt auf der Bühne besonders gut zum Tragen. Hier und heute legt es niemand wirklich drauf an, hinter die verwinkelten Gedankengänge und Wortspiele zu steigen, die die Künstlerin in ihrem bewährten Halb-Gesang runternölt. Dafür ist man ja auch viel zu sehr mit seinen Gliedmaßen beschäftigt: Da wird gehupft und gesprungen und übermütig mit dem Zeigefinger in die Lüfte gepikst, und wer sich im dicht gedrängten Pulk umschaut, blickt in überwiegend lächelnde, hin und her und auf und ab wippende Gesichter. Ausgelassenheit, die ansteckt und durch lebendige Visuals auf dem Backdrop nur weiter angefacht wird. Wenn sich ein Move heute verboten hätte, dann sicherlich eine Show-Einlage in der Rolle des geknickten Clowns aus dem ‚Pedestrian At Best‘-Video.

Die nahezu verschwenderische Redseligkeit, die Barnetts Gesangsperformance auszeichnet, greift nicht auf die Moderation über. Ansagen kommen selten, und wenn, fallen sie eher spartanisch aus. Was in Anbetracht des Suchtfaktors, den die beißend betitelten Songs in sich tragen, relativ gelegen kommt. Die Bedenken, das Courtney-Prinzip könnte sich über Konzertlänge abnutzen, sind in Windeseile zerstreut, und von „Sitting“ und/oder „Thinking“ kann hier und heute schon mal gar nicht die Rede sein.

Zurück zur eben erwähnten Lücke. Dort hat sich plötzlich ein Konzertbesucher aufgebaut und zappelt übermütig im Takt. Dazu schüttelt er einen flugs vom Bühnenboden aufgelesenen Schellenkranz. Ein Attentat der guten Laune, das allerdings nach wenigen Sekunden mit ein paar erfreulich sanften Handgriffen der örtlichen Security unterbrochen wird.

Irgendwann – das ist das Blöde an Kurzweil – sind’s dann nur noch zwei Nummern. Eine davon: ‚Know Your Product‘, ein The-Saints-Cover im Schulterschluss mit der Supportband Big Scary (es war ja genug Platz auf der Bühne), dann ‚History Eraser‘ von Barnetts zweiter EP und dann … ist es vorbei, wenn auch lange nicht genug. Die Gelenke zucken noch, die Ohrwürmer winden sich und pflanzen sich munter fort. Da ist Bock. Da ist Euphorie. Da ist Rock’n’Roll. Und all das an einem Montag. Kaum zu glauben!

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