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FETTES BROT – Requiem ohne jede Trauer

Die Pinnberger Hip-Hopper von Fettes Brot haben nach fast 30 Jahren ihren Abschied angekündigt, und haben zur Trauerfeier in die seit Monaten restlos ausverkaufte Halle Münsterland geladen. Mit HitStory haben sie vor wenigen Wochen eine finale Best-Of-Scheibe vorgelegt, die auch zum Soundtrack des Abends werden soll.

Um 20.45 Uhr läuft eine Fotoshow mit Bildern aus der Karriere, bis endlich der Vorhang fällt und Björn Beton, König Boris und Doc Renz den Dampfer der guten Laune auf Kurs bringen. Das darf man im doppeltem Sinne wörtlich nehmen: Die Jungs stehen auf der Reling des Schiffes Yasmin (das Bühnenbild stellt den Hamburger Hafen dar) und der Saal bebt ab der ersten legendären Zeile „Es ist 1996, meine Freundin ist weg und bräunt sich In der Südsee – allein? Ja, mein Budget war klein, Na fein, herein, willkommen im Verein!“

Jedes, aber wirklich jedes Wort wird mitgesungen, alle Hände sind in der Luft und das mit den Broten mitgealterte Publikum groovt noch einmal, als wäre es der Partykeller in den 90ern und der Song jeden Nachmittag bei MTVIVA in der Dauerrotation.

In den kommenden 125 Minuten soll sich an der Stimmung nichts ändern, einzig wenn die Herren etwas weniger bekannte Melodien aus dem Katalog bringen, wie „Wär´ das nicht derbe?“, einem Bonus-Track vom 2002er „Demotape“, herrscht kurze Erholungspause, aber nur, um die Segel neu in den Wind zu setzen, der sich immer mehr zu einem ausgewachsenen Sturm entwickelt.

Die beste Entscheidung in der Laufbahn des Trios war es, statt sich nur von DJ exel. Pauly von einer vollen Band begleiten zu lassen. Auch auf der Abschiedstour liefern die acht Musiker einen dermaßen fetten Sound, und sind auf den Punkt eingespielt. Damit bereiten sie das Fundament, auf dem Brote ihre Version vom Sprechgesang liefern. Dass sie insbesondere zu Beginn ihrer Laufbahn dafür angefeindet und belächelt wurden, kontern sie ironisch mit „Der beste Rapper Deutschlands ist offensichtlich ich“.

Natürlich gibt es alle Klassiker: „The Grosser“, „Amsterdam“, „Da draussen“ und „Emanuela“, aber auch die Hymne, mit der 1995 alles begann: „Nordisch By Nature“ läutet nach etwas mehr als einer Stunde den Endspurt ein, bevor die Truppe sich mit dem finalen Abschiedslied „Brot weint nicht“ (vorläufig) von der Bühne verabschiedet.

Zum ersten Zugabe wird ein Schlagzeug vorgeschoben, und Boris, Martin und Björn spielen drei Nummern lang in bester Ärzte-Manier, allerdings mit deutlich eingeschränkter Instrumenten-Kompetenz. Selbstkritisch sehen sie ein, dass, wenn sie in der Weise ihre Musik drei Dekaden dargeboten hätten, sie vielleicht heute in Münster im Haus der Jugend spielen würden, aber sonst keiner da wäre. Für einen Gag ganz ok, aber tatsächlich sind alle froh, dass im zweiten Block wieder die volle Breitseite geboten wird. Dass sie auch ernst und nachdenklich können, zeigen sie mit „An Tagen wie diesen“, bevor „Bettina“ ein letztes Mal gebeten wird, ihre Brüste einzupacken und das Tanzbein noch einmal richtig geschwungen wird.

„Zum Schluss gibt es noch richtig einen auf die Fresse!“, kündigt König Boris an, und 6500 „Schwule Mädchen“ schreien sich gemeinsam die Seele aus den völlig verschwitzten Leibern. Nun ist die Messe wirklich gelesen. Aber eins ist klar: Getrauert hat hier heute niemand!

Klar, wenn man eine Kapelle verabschieden muss, die einen weite Strecken durch das eigene Leben begleitet hat, ist das irgendwie seltsam. Aber während man manch anderen Kollegen, die sich nur noch bemitleidenswert durch die Gegend schleppen, irgendwann den Gnadenschuss wünscht, danken Fettes Brot mit diesem Abend auf eine grandiose Art und Weise ab, und werden allen Gästen für immer in bester Erinnerung bleiben.

Hey Männer, danke für drei Jahrzehnte bester Unterhaltung!

 

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SETLIST

Jein

Der beste Rapper Deutschlands ist offensichtlich ich

Erdbeben

Rock Mic’s

Ich liebe mich

Wackelige Angelegenheit

Hamburg Calling

The Grosser

Wär das nicht derbe?

Für immer immer

Amsterdam

Denxu

Jetzt schon so

Da draussen

Spitzer Stein

Nordisch by Nature

Emanuela

Das letzte Lied auf der Party

Brot weint nicht

 

Was in der Zeitung steht

Trotzdem

Münster

 

Echo

An Tagen wie diesen

Kannste kommen

Bettina

Schwule Mädchen

 

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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda

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