BROTHER GRIMM – Shoegaze zum Kuscheln
Der Berliner Musiker Dennis Grimm bezeichnet seine Musik als „psychedelic PostPopConfession“ und entzieht sich geschickt wirklich jeder Kategorisierung. Das aktuelle Album „On Flatland, On Sand“, das etwas fröhlicher und heller ausgefallen ist als die beiden Vorgänger, haben wir Euch in der Rezension bereits vorgestellt. Auf den ersten beiden Alben war Brother Grimm allein unterwegs als düsteres, von Gitarrenloops getragenes Einmann-Orchester mit unüberhörbarer Inspiration durch Künstler wie Nick Cave und David Bowie. Auf dem neuen Album sind als Unterstützung der Produzent Tenboi Levinson (Hodja) am Bass und Synthie sowie der Schlagzeuger Charlie Paschen (Coogans Bluff) mit dabei, und Charlie Paschen hat der grimmige Herr auch auf seine Live-Tour mitgenommen. Levinson ist leider aus familiären Gründen verhindert, die Gitarre bedient jetzt Patrick von der Band VAN URST.
Das Ergebnis: eine stylische Mischung aus minimalistischen, hypnotischen Klängen. Vergangenen Samstag waberten dicker Postrock und filigrane Noiseschwaden durch die gemütliche Bremer „Lila Eule“.
Allzu viele Besucher waren leider nicht in dem kleinen Keller irgendwo zwischen Bar und Musikclub erschienen, aber die versammelten Gäste fühlten sich sichtlich wohl und spendeten reichlich Applaus. Es war ein intimes, kleines Konzert, bei dem sich der eine oder andere auch schon mal auf den Boden setzte. Die naturgemäß etwas reservierten Bremer hielten einen geräumigen Abstand zur Bühne ein. Erst beim letzten Song änderte sich das, und es entstand zu ‚On Flatland, On Sand‘ vorweihnachtliche Kuschelatmosphäre mit den getragenen Orgelsounds des Mellotrons.
Das Trio brauchte keine Showeffekte, keine langen Ansagen und keine Bühnenaction, hier standen die Musik und Dennis Grimms prägnante Stimme ganz im Vordergrund. Der Musiker arbeitete viel mit Gitarrenloops, die gemeinsam mit den live gespielten Tönen eine sphärische Stimmung verbreiteten. Schade, dass es draußen nicht schneite. Das hätte irgendwie gut zu diesem Abend gepasst. Die Gitarren-Riffs wirkten nicht nur auf das Publikum beinahe hypnotisch, man hatte direkt vor der Bühne den Eindruck, dass sich auch die Musiker – allen voran Dennis Grimm – in einen wahrhaftigen Rausch spielten. Sprechgesang, pulsierende Ambient-Klänge und zwischendurch raue stimmliche Verfremdungen durch das eingesetzte Megaphon. Selbst die lauten Momente des Konzertes wirkten filigran und zerbrechlich. Brother Grimm dürfte mit diesem Auftritt ganz sicher ein paar neue Fans gewonnen haben, als er nach knapp 90 Minuten auf der Bühne hinüber dem kleinen Merchandise-Stand wechselte und T-Shirts und Vinyl unter das Volk brachte.
Und wer jetzt noch im Geschenkestress ist und eine gute Idee braucht: Ein Album von Brother Grimm wäre da doch etwas, oder?
Brother Grimm, Setlist 14.12.2019, Bremen, Lila Eule
1. The Ocean
2. The Smell Of Cheap Perfume
3. Gone Tomorrow
4. Echoes
5. King For A Day, Cool For A Lifetime
6. Brothers & Sisters
7. I’m Afraid Of Germany
8. I’m Still Afraid Of Germany
9. Home Today, Gone Tomorrow
10. Open Doors, No Stars
11. Who’s Calling
12. Born Under Punches
13. On Flatland, On Sand
Foto: Michael Buch Bluecobalt Photography