Ein gutes Konzert zu spielen ist eine Sache. Dabei dem Publikum noch etwas zum Nachdenken auf den Weg zu geben eine andere. Moderne Punkbands können sich in diesem Zusammenhang mehr als eine Scheibe von Enter Shikari abschneiden, denn so vielseitig und auf den Punkt gebracht politisiert kaum jemand aktuell in der Musikszene. Vor allem noch mit einem so guten Bühnenprogramm. Als Ritter der Gerechtigkeit verbreiten die vier Briten in der Welt ihre aufrüttelnden Botschaften unter anderem für transnationale Solidarität sowie gegen politische und wirtschaftliche Intriganzen und Machtspielchen. Neben ihren erfolgreichen Platten gelingt ihnen das am besten mit ihren Shows, so auch in Berlin am 15.01.2015 im Kesselhaus in der Kulturbrauerei.
„Da ist es auch kaum verwunderlich, dass sie sich für ihre Tour Unterstützung von einer Band aus England geholt haben, die ebenso jung und sozialkritisch ist wie sie selbst: Hacktivist präsentierten als Support äußerst authentisch ihr Rap Metal, das außergewöhnlich gut bei den Fans ankam. In ihren Songs setzen sie sich nicht nur unter anderem mit Anarchismus, Verschwörungstheorien, Korruption in der Politik, Waffengewalt, Unterdrückung und anderen sozialen und wirtschaftlichen Problemen auseinander, sondern zeigen auch ihre Solidarität unter anderem für den Hacktivismus von Anonymous (‚False Idols‘) und die Whistleblower Edward Snowden und Chelsea Manning (‚Could Shoulder‘). Ein perfekter Einstieg für die Hauptband – sowohl musikalisch als auch thematisch.
„‚Wir sind Enter Shikari vom Planet Erde‘, begrüßte Sänger Roughton ‚Rou‘ Reynolds schließlich die begeisterte Menge nach dem Opener und leitete mit dieser Message zum passenden Song ‚Solidarity‘ über. Danach war er kaum mehr zu bändigen. Der Bühnentechniker konnte mit der Verlängerung des Mikrokabels kaum hinterher kommen, so schnell lief Rou durch die Menge über die Treppen zum gegenüberliegenden Balkon, dann wieder runter zur anderen Seite der Bühne, während er sang, schrie, tanzte, sprang, herumwirbelte, Grimassen schnitt und die pulsierenden Publikumsmassen anheizte. Und das alles in zugeknöpftem Hemd und Sacko!
„Auch die anderen Bandmitglieder hatten offensichtlich Spaß an der Sache, was sich umso mehr auf die Fans übertrug. So kam es neben Klassikern wie Circle Pit dazu, dass diese sich ganz ohne Aufforderung geschlossen hinsetzten und beim musikalischen Startschuss zum wilden Tanzen aufsprangen. Aufregung herrschte zweifelsfrei auch wegen des neuen Albums, das am nächsten Tag veröffentlicht werden sollte, aber bereits am Ende des Konzerts erhältlich war. Und natürlich hatten Enter Shikari auch einige neue Songs von ‘The Mindsweep‘ im Gepäck. Der klare Sound und eine perfekt abgestimmte Lichtshow waren dann das Sahnehäubchen auf dem Trancecore-Schmaus, den man leider nur für anderthalb Stunden genießen konnte. Da Rou & Co jedoch die 14 Songs immer wieder durch Drum and Bass, Trance und Dubstep-Einlagen verlängerten und überleiteten blieb kaum ein Hemd trocken und kaum jemand unbefriedigt – auch wenn der offensichtlich hörbare Publikumswunsch ‚Sorry, You’re Not a Winner‘ letztlich nicht gespielt wurde. Dafür feierte das Publikum vor allem in der Zugabe den für Enter Shikaris Verhältnisse beinahe balladenartigen Song ‚Constellations‘ als besten Song des ganzen Konzerts. Und am Ende der darauffolgenden letzten beiden Stücke ‚Juggernauts‘ und ‚Sssnakepit‘ lösten selbst die abgebrühtesten Metaller ihre Haarknoten für einen letzten Headbanger.