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apRon im Interview – 30 Minuten ohne Konfetti

Whiskey-Soda (WS): Das war jetzt euer größter Gig, den ihr bisher gespielt habt? Lara (Mitglied des Fanclubs – hat das Interview organisiert) hat mir das inoffiziell schon bestätigt, weil Ihr es vorhin auf Facebook geschrieben habt?

Till: Das größte Festival glaub ich nicht, weil ich weiß jetzt nicht wie viele Leute vor der Bühne standen, aber es gehört schon zu dem Fettesten, was wir bisher gespielt haben.

Medusa: Wir haben schon vor mehr Leuten gespielt, definitiv. Aber es ist das größte Festival, wo wir bisher auftreten konnten.

WS: Wie viele Shows in der Größe habt ihr schon gespielt?

Till: Dumme Zahl?

Medusa: Fünf.
WS: Ihr seid ja noch eine relativ junge Band mit euren acht Jahren vom Entstehungsjahr aus gesehen. Vor drei Jahren dann mit „Der Punch“ und einer musikalischen Neuorientierung der Durchbruch. Ist man da vor Auftritten noch nervös?

Till: Wir machen alle schon sehr lange Musik und haben viele, viele Konzerte hinter uns. Aufgeregt ist man immer, aber es ist jetzt nicht so, dass man sich da total in die Hosen scheißt. Also da ist schon mittlerweile eine Altersruhe entstanden.

WS: Das ist also nicht mehr so, dass man vorher ’n Schnaps zur Beruhigung trinkt?

Till: Kann passieren, aber muss nicht. (lacht) Das ist nicht mehr wegen der Aufregung.

Medusa: Fokussiert ist glaub eher das richtige Wort. Fokussiert. Wir wissen dann alle, was kommt, holen tief Luft und dann ist alles gut. Würde auch nicht zu uns passen wenn die Leute irgendwie bei dem ganzen Spaß, den wir da machen, merken, dass uns die Hände zittern, wenn wir Konfetti werfen.

Daniel: Die Leute sind ja selber so mit Konfetti werfen beschäftigt, dass die das wahrscheinlich nicht einmal mitbekommen würden. (lacht) Diesmal habt ihr vor der Show gar kein Konfetti verteilt, habt ihr das nicht gedurft?

Till: Es ist an manchen Orten einfach nicht erlaubt. Bühnentechnisch und so.

WS: Wie oft habt ihr denn ein Verbot, so prozentual auf die bisherigen Shows betrachtet? Eher erlaubt oder eher nicht?

Till: So genau kann ich das garnich sagen, manchmal ist es erlaubt, manchmal nicht. Heute war es nicht erlaubt.

Medusa: Also ich würd sagen auf einem fünftel der Shows wird es uns verboten.

Till: Ein fünftel, bist dir sicher? Hast nachgerechnet?

Medusa: Das ist die Konfetti-nicht-Dürfen-Statistik! (lacht)

Till: Es ist ja so, dass bei einem Festival wie hier, dass man da halt in einem Fahrwerk drin ist. Da gibt es dann viele Bands davor und danach und alles ist super getaktet und wenn wir dann mit Konfetti ankommen und die müssen da erst sauber machen, das dauert dann einfach viel zu lang. Dementsprechend sagen die einfach gleich: Bitte kein Konfetti.

WS: Es gab ja dann im Publikum trotzdem relativ viel Konfetti und sogar Konfettikanonen. Gefühlt hatte jeder zweite eine mit dabei, was dann schon beeindruckend aussah.

Medusa: Ich glaub‘, dass das so ein bisschen zum Selbstläufer wird bei uns, wir geben so ein bisschen was vor und die Leute, die reagieren dann drauf und das ist ja das Schönste, was sein kann. Jetzt hatten wir heute diese neue Sache mit den Ballons und das klappt ja auch. Wir probieren immer mal wieder neue Sachen aus und das Konfetti ist lustiger Weise einfach so aus der Not geboren, weil es der günstigste Effekt ist, den man haben kann. Also es ist bunt, und jeder, außer die Putzkolonnen, hat Spaß dran. (lacht)

WS: Ihr habt einen total großen Fanclub. Gefühlt viel größer, als bei vielen anderen Bands eurer Größe. Deren Mitglieder sind ja auch gestern (Anm.: an dem Mittwoch) herumgegangen und haben tausende Luftballons verteilt, das ist schon eher außergewöhnlich. Wie viel davon ist auf euren Mist gewachsen?

Till: Eigentlich fast nichts. Also natürlichen helfen wir dem Fanclub bei irgendwelchen Aktionen oder so. Aber das ist einfach großartig, was die aus eigener Kraft und eigener Initiative auf die Beine stellen für uns als Band. Das finde ich schon bemerkenswert. Also da kann man einfach stolz drauf sein. Vor allem, dass das so aus eigenem Antrieb passiert. Das ist nicht aufgesetzt, da sagt keiner mach mal so und so, sondern das passiert alles aus eigenem Antrieb.

WS: Nervt es euch manchmal, weil sie zu viel machen oder freut ihr euch jedes Mal, wenn irgendwer irgendwelche Ideen hat und die einbringt?

Till: Ne, weil es ja selbst organisiert ist. Also das ist für uns ja eigentlich nur ein Zugewinn. Da gibt’s ja nichts was uns stören kann, im den Sinne von „Oh, jetzt machen die wieder so ’ne tolle Aktion für die Band, das is aber scheiße“. Im Gegenteil, ich verfolge total begeistert was da passiert.

Lara: Das Interview hier ist ja auch über den Fanclub gelaufen. Hattet ihr vorher schonmal eine Anfrage in dieser Form?

Till: Tatsächlich ja. (lacht) Viele Interviews passieren so. Warum auch nicht? Man muss es ja auch so sehen, das ist immer so eine zweiseitige Sache. Ich meine, es bringt euch was und es bringt uns was. So ein Interview das irgendwo abgedruckt oder irgendwo zu lesen ist, das hat ja für uns auch ein Effekt.

WS: Bei euch war ja heute echt viel los, mehr als bei der Band vor und nach euch. So ganz provokativ: Ist das allein euer Verdienst oder wie groß ist der Anteil des Fanclubs?

Till: Fanclub und wir. Gemeinsam stark im Team.

WS: Soll das auch so bleiben, wenn ihr einmal Headliner Shows spielt? Bands haben ja oftmals das Problem, dass wenn sie größer werden, Sie langsam den Kontakt zum Fanclub verlieren oder schleifen lassen.

Till: Wieso nicht? Also klar.
Medusa: Ich seh mich nie vor dem Konzert Backstage wartend. Till, zum Beispiel, ist einfach wahnsinnig fokussiert vor einem Konzert und wartet, bis er auf die Bühne kann und hat dann erst Kontakt mit den Fans (Anm.: und dann natürlich auch nach den Shows) aber dieser Kontakt, wie wir ihn pflegen, das greift wunderbar ineinander. Ich bin wahnsinnig extrovertiert und will vor dem Konzert mit den Fans einfach reden und denen Konfetti ins Bier schmeißen. Ich glaub‘, dass das genau die richtige Balance bei uns ist und ich glaub, wenn du größer wirst sind einfach mehr Leute da, die du befriedigen sollst. Das höre ich immer öfter bei Bands die größer geworden sind die letzten Jahre, dass die früher viel netter und näher an den Leuten waren. Aber du darfst den exponentiellen Faktor nicht vergessen.

19956112_1750722528301079_6066667693988730664_o.jpg „Till: Man schafft es einfach irgendwann nicht mehr. Es ist ja nicht einmal eine böse Absicht. Einfach mal angenommen man hätte jetzt noch zehn weitere Interviews. Da würdest du auch irgendwann als Mensch sagen ‚ich kann nicht mehr‘.

WS: Hoffen wir, dass Ihr es trotzdem möglichst lange so schafft.

Lara: Wenn es demnächst ein neues Album geben sollte, bleibt ihr dann eurem Stil treu? Bei „The Punch“ hattet ihr ja einen Comic zum Album. Beim „Ponyhof“ gab es ja ebenfalls eine Begleitgeschichte und ich persönlich finde das total super.

Till: Diese Info würde ich gerne noch nicht öffentlich machen, sondern eher dem Fanclub in der Zukunft als erstes mitteilen.

Medusa: Aber wir sind weiterhin sehr Audio-Visuell, das wird auch nie anders sein, aber was es genau sein wird, dass soll dann der Fanclub als erstes erfahren.

WS: Das „erste“ Album 2014, das zweite dieses Jahr, kann man dann mit dem nächsten in 2020 rechnen? Oder habt ihr schon Material? Ihr setzt euch ja nicht hin und sagt: Jetzt machen wir 20 Songs. Das ist ja immer so ein fließender Prozess.

Till: Wir setzen uns immer so eine Zahl, die wir ungefähr erreichen wollen und dann wird halt ausgesiebt.

Medusa: Der Prozess des Aussiebens, läuft auch jetzt schon. Momentan macht das jeder für sich oder in kleinen Grüppchen aber demnächst geht die Phase los, wo wir uns allezusammensetzen und uns einfach alles ansehen. Schauen, was passt in eine eventuelles Konzept, was wir uns schon ausgedacht haben. Man muss ja auch dran denken, wie lange wir die Lieder schon kennen, bevor die überhaupt irgendwer zu hören bekommt. Das ist ja wirklich ein ewig langer Vorlauf. Wir wären wahrscheinlich gar keine Musiker oder Künstler, wenn wir nicht ständig irgendwie was im Kopf hätten. Also nicht, dass wir nur an apRon denken, aber da sind Ideen und wir vier wir können uns da sehr gut ausdrücken in der Band. Das macht ja auch Spaß und ehrlich gesagt, wenn du zum tausendsten Mal das gleiche Lied spielst, ist es schon befreiend, neue Lieder spielen zu können. Jetzt kommt ja die zweite Hälfte der Tour zum „Ponyhof“ und natürlich denken wir trotzdem schon an neue Sachen und so weiter. Das wäre sonst ganz unnatürlich für uns.
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Daniel: Was sind eure nächsten Ziele? Jetzt die Tour, neue Songs machen, wie geht es grob weiter. Gibt es irgend etwas was ihr auf jeden Fall erreichen wollt? Eventuell nächstes Jahr ein 17:00 Uhr Slot auf dem Rockharz?

(Allgemeines Lachen)

Medusa: Mein Ziel ist erst einmal 14:30 Uhr. Kleine Brötchen backen.

Till: 17:00 Uhr ist doch wunderbar. Aber erstmal wieder ’ne geile Platte machen, geile Songs schreiben. Das ist für mich das A und O. Das ist der Grund warum wir hier sind. Und wie lange es dauert und was es wird, das sehen wir dann schon noch.

WS: Blöde Standardfrage, von welchen Bands lasst ihr euch inspirieren?

Medusa: Ich persönlich höre ganz wenig harte Rock Musik. Ich höre eher Jazz und Hiphop und solchen Sachen, alte Soul Musik. Das ist das spannende bei apRon, dass wir vier aus so unterschiedlichen Richtungen kommen, dass dann da dieser Mix rauskommt. Ich persönlich höre mir wahnsinnig gerne alte Michael Jackson Platten an, weil der zum Beispiel so effekthascherisch war. Und das ist für mich großartige Musik. Was dann übergeht zu einer Liveshow und dann die Fragen im Raum stehen, was funktioniert mit dem Publikum und was nicht. Das ist etwas, was ich wahnsinnig spannend finde. Wie kannst du das Publikum so anstupsen, dass es immer weiter macht. Wir haben auch mal ein Konzert gehabt, da haben wir plötzlich die Idee gehabt, wir lassen die Leute wie bei einer Wall-Of-Death auseinander gehen und machen wir einen Sackhüpf-Wettbewerb.

WS: Ihr habt Säcke verteilt?

Medusa: Zwei Säcke, ja, und der erste hat ein Bier bekommen. Das ist total in die Hose gegangen.

Till: Wir haben das dann sofort wieder gestrichen, weil es im normalen Konzertverlauf dann doch scheiße langweilig war.

Medusa: Es war ’ne sau witzige Idee, jeder hat sich vorher über die Idee schief gelacht, aber die Durchführung hat nicht geklappt. Dann, als wir die Probleme mit dem Konfettiverbot öfter mal hatten, haben wir gedacht, wir verteilen jetzt Knicklichter, weil das auch ein guter Effekt ist. Hat aber auch nicht funktioniert, weil die Leute nicht wussten, was sie mit den Knicklichtern machen sollten. Und dann haben wir weiter überlegt und sind jetzt bei den Ballons angekommen und die sind einfach großartig, wenn andere Bands spielen und du siehst überall Luftballons von uns. Das sind lauter so Sachen, die ich einfach wahnsinnig spannend finde und ich schau mir da gerne so große Künstler an, wie eben Michael Jackson, der einfach genau solche Sachen gemacht hat.

WS: Nochmal zurück zu den Inspirationen. apRon machen also geilen Metal, aber eigentlich hören da alle HipHop?

Till: Naja, so Bands, die sich eben nicht in eine Sparte drücken lassen, die sind für mich so die Besten als Inspiration.

WS: Zum Beispiel wer?

Till: Du kennst dich da doch als Interviewer aus. Such mal was raus, schick mir das zu, dann habe ich wieder neuen Hörstoff.

WS: Ich werde mal schauen, was ich so finde.

Jetzt wo Johannes (Anm.: der Bandmanager) noch mit dabei sitzt: Wie kommt es dazu, dass du so aufgestylt noch mit rumläufst? Ich hab euch das erste Mal gesehen und dachte „hm der singt nicht, der bringt mal einen neuen Drumstick oder ein Bier, was ist seine Aufgabe?“ Wie kommt das?

Johannes: Das hat einen praktischen Grund. Also wenn du Stage Hands hast, die können halt nicht zu jeder Zeit auf die Bühne gehen um irgendwas zu reparieren und ich halt schon. Damals war alles noch ein bisschen aufwendiger mit Gitarrenboxen und Bassboxen oder wenn dann mal ein Mikrofon verrutscht ist oder so. Das konnte ich dann
einfach nebenbei mal schnell richten. Mittlerweile hat sich dass dann zu Luftballons werfen, Konfetti schießen und allem drum herum entwickelt. (Anm.: Johannes hat zum Beispiel während der Show auf dem Rockharz die Bühne gefegt, sodass kein hochgewehtes Konfetti auf der Stage ist.)

WS: Du bist schon schon durchaus auffällig.

Johannes: Das soll es aber auch so sein, es soll ja eine verrückte Zirkus-Show sein und die Leute sollen ja denken, die auf der Bühne sind einfach völlig bekloppt. Das war halt damals ein Kostüm, das hatte ich im Schrank und so ist das dann entstanden.

WS: Wie viele Schritte läufst du dann während einer Show? Du bist ja, wenn man mal drauf achtet, immer überall. Auf der Bühne, vor der Bühne. Krokodil holen, kurz darauf das Krokodil in der Menge wieder einfangen.

Johannes: Gefühlt fünf, sechs Kilometer. Ne, ich weiß das gar nicht so genau.

Till: Jetzt sind wir wieder bei den Zahlen.

Medusa: Das sind ganz genau 4400! (lacht)

Johannes: Das kommt halt drauf an, wie groß die Bühne ist. Das ist auf jeden Fall schon nicht wenig anstrengend.

Damit hatten wir gut eine halbe Stunde gequatscht und bedanken uns ganz herzlich bei Till, Medusa und Johannes für die Zeit. Die Jungs mussten dann los ins Hotel, da noch ein Q&A mit Fans auf dem Plan stand. Sicherlich hätten wir sonst noch, speziell an Medusa die Frage gerichtet, was genau es mit Einhornsex auf sich hat und was er davon hält. Auf das Thema waren wir vor dem Interview aus unerfindlichen Gründen bei einem Bier gekommen und haben noch über eben jenen Geschlechtsakt philosophiert, ehe unser eigentlicher Termin für das Interview war. Ja, auch zu Interviews nimmt Medusa sich die Zeit schon vorher anwesend zu sein und hat natürlich auch ganz stilecht die Biere mit Konfetti verbessert.

Interview: Daniel Stahlmann

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