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The Silent Comedy – ‚Wir sind Geschichtenerzähler‘


Sonne, Surfer, Rock’n’Roll. Es gibt viele Klischees über Südkalifornien, und manche davon stimmen tatsächlich. Wir sitzen nach dem Konzert im Bremer Bluesclub Meisenfrei relaxt mit den Brüdern Zimmermann zusammen, um etwas über ihre Band The Silent Comedy zu erfahren. Auch wenn es für die vier Amerikaner die erste Europatour ist und sie heute erst das zweite Konzert ihrer Laufbahn auf deutschem Boden gegeben haben, sind sie doch keine Neulinge mehr im Geschäft. The Silent Comedy wurde bereits vor zehn Jahren in San Diego von den beiden Brüdern gegründet, die seither auch das gesamte Songwriting im Alleingang übernommen haben.

The_Silent_Comedy_9.jpg „Seit 2006 veröffentlichten die beiden Brüder einige Alben, die jedoch auch in den USA schon lange vergriffen sind. Erhältlich ist dort neben dem letzten Longplayer „Common Faults“ die aktuelle EP „Friends Divide“. Dieses Mini-Album ist zugleich auch der erste Output, der abseits des Imports in Europa veröffentlicht wurde. „Wir wollten, dass ‚Friends Divide‘ das erste ist, was die Leute hier in Europa offiziell von uns zu hören bekommen“, erklärt Bassist und Frontmann Joshua Zimmerman. „Die EP klingt anders als unsere früheren Sachen, und sie repräsentiert auch am besten die Richtung, in die sich unsere Band weiterentwickelt und hat den Sound, der auch auf unserem kommenden nächsten Longplayer zu hören sein wird.“ Der Bassist erzählt uns, dass die alten vergriffenen Alben inzwischen echte Sammlerstücke sind, auch wenn der Sound eher mäßig ist, weil die Aufnahmen ohne professionelle Hilfe entstanden sind. „Es gibt Leute, die verkaufen unsere alten Platten für über 100 Dollar im Internet.“ Falls ihr also noch rares Vinyl von The Silent Comedy besitzen solltet, habt ihr eine gute Geldanlage in den Händen. „Ich selbst würde aber nicht so viel Geld für unsere Musik ausgeben“, lacht Joshua Zimmerman.

The_Silent_Comedy_1.jpg „Dann erinnert er sich an die Anfänge der Band. „Wir wollten eigentlich gar keine Band sein“, erklärt er. „Jeremiah und ich fingen das Ganze als eine Art Songwriting-Projekt an. Es bekam schnell eine ganz eigene Dynamik, und plötzlich tourten wir an der ganzen Westküste der USA, ohne ein einziges Album veröffentlich zu haben. Eigentlich hatten wir sogar so gut wie gar keine Spielpraxis.“ Er lacht. Es folgten viele Wechsel in der Besetzung des zweiten Gitarristen und des Schlagzeugers. „Die Leute kamen und gingen. Es gab eine Zeit, da waren wir zu sechst in der Band.“ Joshuas Bruder Jeremiah lässt seine Jugend Revue passieren. „Wir wuchsen in einer sehr musikalischen Familie auf, unsere Eltern spielten alle möglichen Arten von Musik“, berichtet der Gitarrist und Keyboarder. Der Vater ist übrigens ein Prediger. Zum Glück predigte er aber nicht gegen den bösen und verwerflichen Rock’n’Roll, sondern unterstützte seine Söhne, wo er nur konnte. „Er schloss sich in den 60ern einer Bewegung an, die quasi den Rock’n’Roll predigte. Er ist ein wilder Kerl, der auch bei seinen Gottesdiensten viel Musik macht. Er hat uns auf diesem Gebiet viel beibringen können.“

Neben den Blues-, Soul-, Gospel- und Rock’n’Roll-Einflüssen gab es aber noch mehr Inspirationen für The Silent Comedy: „Wenn man 15 oder 16 Jahre alt ist und in Südkalifornien lebt, geht man nun einmal auf jede Menge Punkrock-Konzerte, so ist das. Im Punk ist jede Menge Energie. Als wir also unser Bandprojekt begonnen, wurden wir von dieser Energie inspiriert. Wir spielten also auf unseren akustischen Gitarren, als ob wir in einer Punkband wären. Wir hatten sehr viel Aggression bei unserem Spiel.“

The_Silent_Comedy_11.jpg „Der Sound von The Silent Comedy mag kein Punkrock sein, aber die Seele ist es, wie Joshua Zimmermann stolz zugibt. Und was für eine Seele die Brüder ihrer Band eingehaucht haben: Schon nach kurzer Zeit stellte sich in den USA der Erfolg ein. Das Album „Common Faults“ wurde 2010 in den USA mit einem Preis für das beste Pop-Album bei den „San Diego Music Awards“ ausgezeichnet. Mit ihrer Mischung aus Bluesrock, Folk, Americana und Rock’n’Roll schaffte es die Band, Songs in Fernsehserien wie „Strike Back“ oder „The Originals“ zu platzieren. Zwei Songs wurden für die Werbung für das Computerspiel „Dark Souls“ verwendet. Wir waren neugierig, wie Songs einer Bluesrockband in der Produktion für ein Computerspiel landen. Wie sich herausstellt, sind beide Brüder nicht nur musikalisch, sondern generell künstlerisch-kreativ tätig. Jeremiah zeichnet und malt viel, während sich Joshua auch als Filmemacher engagiert. „Über meine Tätigkeit im Filmgeschäft lernte ich viele Regisseure und Cutter kennen. Einer unserer Freunde arbeitete damals an dem Computerspiel. Er meinte, unsere Songs seien perfekt für das Spiel und die Werbung dazu. Wir selbst sind keine Gamer, wir kannten ‚Dark Souls‘ damals gar nicht wirklich. Aber als dann die beiden verschiedenen Trailer mit unseren Songs darin veröffentlicht wurden, waren wir vollkommen überrascht über die große Resonanz. Wir bekamen sehr viele E-Mails von Computerspielern, die alle ganz angetan waren. Das hat uns gerade im Internet viele neue Fans eingebracht. Viele Leute aus dem Entertainment-Business wurden auf uns aufmerksam und wollten unsere Songs in Trailern, Werbespots oder Fernsehserien verwenden. Wir konnten zum Beispiel mit Kris Kristofferson gemeinsam Musik für den History Channel aufnehmen.“

The_Silent_Comedy_5.jpg „Es schlossen sich weitere Projekte an, wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Boyd Tinsley von der Dave Matthews Band. Für Tinsley, der auch ein Filmemacher ist, durften The Silent Comedy Musik zu einem experimentellen Filmprojekt beisteuern. Doch damit nicht genug. Die Band ist weiterhin eng verwurzelt mit der Bierbrauer-Szene in San Diego. „Es gibt eine ziemlich große Szene dort“, erklärt Joshua. „Mit der Bierbrau-Kultur wird in San Diego eine Menge Geld gemacht. Es wird versucht, die Herstellung von Bier, aber auch Cocktails, in ein richtiges Kunsthandwerk zu verwandeln. Viele unserer Freunde zu Hause sind Barbesitzer. Dort haben wir angefangen, live zu musizieren. Auch heute spielen wir gerne noch bei unseren Freunden in ihren Kneipen und Bars keine Akustikshows. Und wir trinken natürlich auch gerne Bier.“

Aber zurück zur Musik und zum Songwriting. Für Joshua sind auch die Texte der Band sehr wichtig. „Es muss eine emotionale Verbindung gerade zwischen den Lyrics und der Musik geben. Vielleicht haben wir daher auch verschiedene musikalische Stile entwickelt wie Rock, Folk oder Americana. Für mich als Songwriter ist es wichtig, was ich mit dem Text aussagen möchte. Wir sind Geschichtenerzähler. Manchmal feilen wir Ewigkeiten an einem einzigen Satz herum. Dieser kann dann auch viele verschiedene Arten musikalisch ausgedrückt werden.“

The_Silent_Comedy_12.jpg „Inzwischen hat sich mit Chad Lee am Schlagzeug und Justin Buchanan an Banjo, Mandoline und zweiter Gitarre eine feste Bandbesetzung etabliert. Lee ist übrigens ein Cousin der Geschwister. Mit dieser Besetzung wurde nicht nur die EP aufgenommen und wird jetzt durch Europa getourt – es ist auch schon ein neues Album im Kasten. „Die neue Platte ist fertig, jetzt liegt es nur noch an den Geschäftsleuten, wann sie veröffentlicht wird.“ Freuen wir uns also schon jetzt auf neuen Output von The Silent Comedy, der irgendwann im Laufe des Jahres zu uns kommen wird.

Wir möchten wissen, welche Erwartungen eine amerikanische Band hat, die das erste Mal auf Europatour ist. Joshua Zimmerman berichtet, dass er schon einmal mit einer anderen Band in Europa gewesen ist – nicht aber als Musiker. „Ich habe hier ein Musikvideo gedreht in meiner Eigenschaft als Filmemacher. Ich habe drüben allen meinen Freunden von Europa vorgeschwärmt. Es war also schon immer ein Wunsch für uns als Band, irgendwann einmal hierher zu kommen. Bisher sind unsere Erwartungen weit übertroffen worden.“ Bei der Stimmung und dem Blues-Vibe, den die Musiker live auf der Bühne verbreiten, dürften die Erwartungen auch auf der Publikumsseite übertroffen werden.

The_Silent_Comedy_10.jpg „Zum Schluss waren wir neugierig, woher der Bandname stammt. Joshua erklärt, dass er sich schon immer für Filme interessiert und das Thema auch auf dem College studiert hat. „Die Anfänge des Kinos und des Films wurden von Komikern wie Charlie Chaplin und Buster Keaton dominiert. Während ich also studierte, hörte ich immer wieder den Satz ‚The Silent Comedy‚ von meinem Professor. Ich weiß noch, dass ich in mein Notizbuch ‚Guter Name für eine Band!‘ geschrieben habe.“

Zuletzt sollen die Brüder natürlich noch die Gelegenheit bekommen, ihr Wort an unsere Leser zu richten. Sie möchten sich daher an dieser Stelle ausdrücklich bei ihrem deutschen Publikum bedanken. „Das bedeutet uns wirklich sehr viel“, sagt Joshua. „Wir sind auf der anderen Seite dieses Planeten und treffen hier so viele Menschen und haben das Glück, unsere Musik mit ihnen teilen zu können. Wir dürfen außerdem von jedem einzelnen lernen. Viele Leute habe uns Tipps gegeben, welche Bands wir uns mal anhören sollen. So entdeckt man viel Neues. Also: Vielen Dank an euch alle!“

Dieses Dankeschön geben wir gerne zurück. Danke, The Silent Comedy. Danke für folkigen Bluesrock, für rockige Americana und ganz viel Spielfreude.

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