Wir von Whiskey-Soda haben euch die Bluesrocker The Blue Poets schon mehrfach vorgestellt. Das selbstbetitelte Debütalbum erhielt nicht nur bei uns sehr gute Bewertungen, und auch live machen die Bluesrocker um den Gitarristen und Songwriter Marcus Deml eine gute Figur. Vor dem Konzert in Worpswede hatten wir die Gelegenheit, unser ein paar Wochen zuvor geführtes Interview mit Marcus Deml nunmehr persönlich fortzusetzen.

Zum Release des ersten Albums der Blue Poets baten wir Mastermind Marcus Deml um Beantwortung einiger Fragen. Diese brachten schon einmal etwas Licht ins Dunkel um The Blue Poets, aber wir waren neugierig und wollten noch mehr wissen. Die Gelegenheit dazu ergab sich vor dem Konzert des Quartetts im norddeutschen Künstlerdorf Worpswede, bei dem wir uns vor dem Auftritt mit den Musikern trafen und ein wenig über die Bandgeschichte und die Entstehung des Albums plauderten.
Dieser Gig war ein Auftritt der Schülerband, bei der Demls Physiklehrer den Bass gespielt hat. Erster Live-Song war die alte Clapton / Cream Nummer ‚Sunshine Of Your Love‘, ein Titel, den Deml auch heute mit den Blue Poets spielt und der sich als Andenken an die damalige Zeit auch auf dem neuen Album befindet. „Wir haben damals eine Woche für den Song geprobt mit meinem Physiklehrer. Ich war auf dem musikalischen Gymnasium und habe im Abi ‚Scrapple From The Apple‘ von Charlie Parker analysiert.“ Marcus Deml hat seither immer Musik gemacht, stand gemeinsam mit anderen Künstlern auf der Bühne und hat nebenbei viele Songs geschrieben. „Nicht alles wollte man hören und vieles war natürlich wahnsinnig unkommerziell.“
Musik hat also schon fast immer Marcus Demls Leben bestimmt. „Es gab auch nie einen Plan B oder Plan C. Ich habe in meinem Leben nur zehn Tage richtig gearbeitet. Fünf Tage in einer Telefonzentrale, und fünf Tage als Kellner, dann bin ich immer rausgeflogen.“
Die Musik ist Marcus Demls Berufung, und dieser Berufung folgte der Gitarrist und Songwriter. Als Tourgitarrist stand er für namhafte Künstler bei unzähligen Konzerten auf der Bühne und wirkte an über 300 Studioproduktionen mit. Aber auf Dauer war es nichts für ihn, immer nur die Songs anderer zu spielen. „Vor rund zehn Jahren stand ich als Gitarrist für einen großen deutschen Künstler auf der Bühne“, erinnert sich Marcus Deml. „Ich habe mich auf der Bühne betrunken und immer gefragt, was ich da überhaupt grade mache. Ich habe Depressionen gehabt, und 14.000 Leute haben debil geklatscht. Ich wollte wieder vor 30 Leuten spielen, wo man Musik machen kann, auf die man selbst Bock hat.“
Das „Casting“ für The Blue Poets lief ungewöhnlich ab. Marcus Deml sah und hörte den Sänger bei einem Auftritt auf der Straße und mochte seine Stimme und Ausstrahlung. Er fragte ihn also, ob er mal eine Blues singen könne. Grey konnte, und eine Woche später stand er bereits in Demls Hamburger Studio.
In den letzten Jahren hatte Marcus Demle viele persönliche Schicksalsschläge einstecken müssen, insbesondere den Tod verschiedener guter Freunde und Familienangehöriger. Unter diesen Voraussetzungen entstanden viele der Songs des Albums. „Jeder denkt immer, dass wir unsterblich sind. Und selbstverständlich beeinflussen die Lebensumstände immer die Musik, es sei denn, du bist Helene Fischer.“ Schmerz, Verlust, aber auch Hoffnung und Abrechnung mit der Vergangenheit, das alles floss in das Songwriting für die Platte mit ein.
Nachdem das Debütalbum der Blue Poets eingespielt war, ging es an die Vermarktung. Obwohl sich Deml nach der stilistischen Vielfalt mit Errorhead nun dem Bluesrock verschrieben hat, sahen offenbar viele Marketing-Experten das gar nicht so eindeutig. „Mir wurde ganz oft gesagt, dass die Platte viel zu abwechslungsreich für den Bluesrock sei“, berichtet der Bandleader.
Konkrete Pläne für die Zukunft haben The Blue Poets im Moment noch nicht. „Früher habe ich immer genau geplant…dann und dann miete ich ein Studio…dann und dann toure ich“, erklärt Marcus Deml. „Aber das ist sowieso immer alles schiefgegangen. Dann kann der eine oder der andere nicht, dann kriegst du neue Gigs rein oder etwas läuft nicht rund. Daher keine Planung. Aber solange es Spaß macht und ein bisschen Taschengeld dabei rumkommt, machen wir bestimmt weiter.“
The Blue Poets sehen sich übrigens weniger als Blues- denn als „Rockband mit Blues-Elementen, wenn man es schon kategorisieren muss. Ich habe immer das Gefühl, diese ganzen Bands aus den späten 60er und frühen 70ern hätten genau das gleiche gemacht, wenn sie statt in einem Stadion in irgend einer Kneipe gespielt hätten.“ Ob wir Marcus Deml und seine Poets einmal in einem Stadion erleben werden – wer weiß das schon? Ohne Frage ziehen die vier Musiker da derzeit ein der spannendsten modernen Bluesrock-Bands groß, und es wird sehr interessant zu beobachten sein, wohin sie der Weg noch führen wird. Wir bleiben dran. Ihr auch?
Interview und Fotos: Michael Buch