DONOTS – „Wir denken nicht nach und rennen einfach los“
Guido, warum war heute bisher ein guter Tag?
Heute war ein sehr guter Tag! Es war endlich mal wieder sonnig, und ich liebe die Sonne. Nee, andersrum: Ich hasse den Winter, mit allem, was ich hab. Heute war zum ersten Mal irgendwas von Sommer da. Das war großartig! Ansonsten war der Soundcheck super, wir sind mit sausaunetten Leuten auf Tour, sowohl Crew als auch Akne Kid Joe – das ist einfach ne gute Rutsche.
Was könnte den Tag noch besser machen?
Dass es heute ein bisschen fluffiger läuft – das wär‘s! Wir spielen gerade viele neue Songs. Gestern musste man teilweise schon hart überlegen, was als nächstes kommt.
Ihr habt im Vorfeld des Albumrelease vier exklusive Unplugged-Privatkonzerte gespielt. Was war Euer absolutes Highlight bei diesen Shows?
Boah, es ist echt schwierig, da eines rauszunehmen … Die Sache an sich war irgendwie geil, weil‘s so ein Special-Ding ist. Ich mag auch reguläre Touren. Da ist auch nicht alles gleich, irgendein Quatsch passiert immer. Aber wenn Du einen anderen Aufhänger hast – das macht‘s insgesamt schon cool. Keine Amp, einfach drauf los scheppern – das hat Bock gemacht. Irgendwie ist das befreiter, weil man nicht so viel nachdenken muss.
Wie sehr ging Euch die Düse, ohne Netz und doppelten Boden auf die Bühne zu gehen?
Ich finde das sogar ein bisschen entspannter – ich hasse nämlich technische Probleme. Ich denke immer, wenn ich ein Konzert spiele: Ich gebe eh alles, was ich kann. Wenn ich mich mal verspiele, ists scheißegal. Ich habe immer mehr Bedenken, dass die Technik versagt. Da stehst Du immer blöd da. Einfach mit Akustik-Schrammelgitarre und nix dahinter ist von daher schon geil …
Kam die Idee für diese Tour von Euch?
Ja. Da war erst der Gedanke, ob wir mit PA und so losziehen. Dann haben wir gesagt: Ist doch viel geiler, wenn wir einfach los schrammeln! Ich finde, das hat einen ganz anderen Charme, als wenn da wieder ne PA ist und man über ne Anlage singt. So brüllst Du einfach den Typen neben Dir an, und dann geht’s los.
Was hat die Sache so besonders gemacht?
Es gab keine Distanz zu niemandem. Mit Distanz meine ich dieses Ding Band auf der Bühne – zack – ein Graben, da Leute. Wir probieren immer, das aufzuheben und dass das Publikum ein Teil des Ganzen ist. Umso geiler ist es, wenn Du einfach mitten in den Leuten stehst. Jeder brüllt jeden an, und jeder macht mit. Das war einfach das Coole.
Ihr habt in dem Rahmen zum ersten Mal die neue Platte „Heut ist ein guter Tag“ präsentiert. Hattet Ihr Sorge, dass das nicht so zündet?
So weit haben wir gar nicht gedacht. Wir sehen eher das Feeling, das es bringen kann, als die Perfektion. Da haben wir schon gerafft, dass das special ist – auch für uns. Wir denken eh über so viele Sachen gar nicht nach und rennen einfach los. Das ist immer am allerbesten.
„Heut ist ein guter Tag“ ist direkt auf Platz 1 der Albumcharts geschossen. Was habt Ihr gemacht, um diesen positiven Schock zu verarbeiten?
Wir haben uns richtig einen gebrannt! Wir waren in Köln und dann sind wir einfach bandintern und mit Tessa, die bei unserem Label arbeitet [das bandeigene Solitary Man Records, Anm. d. Red.], zum Italiener und haben jede Menge leckeres Zeug gegessen, mit ganz viel Knoblauch. Danach gab’s ganz viel Bier. Das war super!
Ihr habt Euch nicht mit Eurem eigenen Gin abgeschossen?
Nee, bei Gin bin ich raus. Ich vertrage nicht viel. Ich trinke Wein oder Bier, sonst ist der Abend saukurz.
Was war im Zuge des Release – abgesehen von der Chartplatzierung – das absolut Coolste?
Wir haben super viele Nachrichten bekommen. Persönlich, bei Facebook oder auch an die Adresse von unserem Büro. Da kamen so ultra liebe Nachrichten, wirklich so super herzliches Zeug. Ein Typ hat eine Sprachnachricht geschickt und wollte uns nur sagen, wie toll er die Platte findet. Dabei hat er angefangen zu heulen, weil er so gerührt war. Das war echt krass.
Die Platte will in den schwierigen Zeiten, die wir gerade haben, ein wenig Hoffnung verbreiten. Wie schaffst Du es denn, Deinen Optimismus zu behalten?
Och, den habe ich eigentlich immer. Ich habe ihn so von meiner Mutter gelernt. Wir sind nicht in einer Lage, in der wir irgendwie rumheulen dürften. Uns geht’s fantastisch. Wir haben mehr als genug zu essen, wir sind gesund, hier ist es relativ safe, wie dürfen on top auch noch auf Tour gehen, Musik machen, davon leben … ich bin nicht der Mensch, der heulen darf. Auf gar keinen Fall.
Erzeugt genau das nicht auch manchmal einen gewissen Druck, nicht jammern zu dürfen – obwohl man es vielleicht gerade empfindet?
Wenn es mir schlecht geht, dann geht’s mir auch schlecht. Mir ging’s allerdings noch nie schlecht, weil ich gedacht habe: „Oh Gott, in was für ner schlimmen Lage bin ich gerade?“ Im Sinne von: Andere haben mehr als ich. Ich bin wahnsinnig dankbar, und das macht mich glücklich.
Lass uns kurz über die aktuelle Tour sprechen. Der Auftakt in Karlsruhe war ja schon bombig, jetzt steht als zweite Station München auf dem Plan. Wie schwer ist es eigentlich, sich nach knapp 30 Jahren Bandgeschichte und zwölf Alben auf eine Setlist zu einigen?
Saugeil, dass Du genau das gerade fragst. Wir haben gestern die Setlist gemacht, und wir haben jede Menge neue Songs drin. Wir wissen, und das ist wirklich jedes Mal so: Die ersten Shows mit neuen Songs sind super schwierig. Du musst immer mit dem Kopf genau dabei sein, viele Leute kennen die Songs noch nicht, dann ist es ein bisschen verhaltener. Man macht sich dann immer Gedanken: Waren wir nicht gut, war irgendwas scheiße? Im Endeffekt ist es aber immer dasselbe, es muss live erst mal ranwachsen. Heute habe ich gesagt, wir müssen ein bisschen was bei der Setlist umstellen – den Song weiter nach hinten, vielleicht vorne mehr ballern… Die anderen wollten das aber nochmal so durchziehen. Macht ja auch Sinn, um erst mal reinzukommen. Die Leute fanden es gestern mega, vielleicht wars gar nicht so verkehrt. [lacht]
Stichwort verkehrt: Wenn Ihr auf Eure Karriere zurückschaut – was war Eurer Meinung nach das Dümmste, was Ihr je gemacht habt?
Oh. [lacht] „Big Mouth“ als Single rauszubringen, und das Video dazu. [überlegt] Da ist noch so einiges dabei … Die Frage ist ganz schön schwierig! Ach ja, wir haben zum Beispiel früher mal unseren Bandbulli nem Typen in Münster zum Reparieren gegeben. Den Typen kennen wir schon länger, und der ist sehr zwielichtig. Er hat sich dann nicht mehr gemeldet. Also sind wir nach zwei Monaten hin, und dann stand unsere Karre da komplett ausgeschlachtet. Wir so zu dem Typen: „Was ist da los?“- Er: „Ja wie, ich sollte den doch ausschlachten.“ Wir: „Nein, Du solltest den reparieren!“ Er: „Och, das habe ich falsch verstanden …“
Knaller!
Das Geile ist: Wir habens einfach dabei belassen und nichts weiter gemacht. Der Typ hat jetzt ne Sendung bei DMAX und repariert da irgendwelches Zeug. Wie geil ist der denn?
Mega Geschichte! Was war denn das Cleverste, das Ihr in Eurer Karriere gemacht habt?
Ich glaube ernsthaft, uns nicht um Trends zu kümmern. Einfach unser Ding zu machen. Am besten machst Du das, worauf Du Bock hast. Das kannst Du dann auch mit nem Grinsen verkaufen.
Das ist auf jeden Fall authentisch.
Ja. Stell Dir mal vor, Du musst jeden Abend was spielen, was Dir nicht gefällt. Das muss ja die Hölle sein. Auch wenns nur ein Song wäre, den ich scheiße finden würde – das wäre schon anstrengend genug. Das Ding ist zu emotional, um da irgendwas zu verramschen, nur weil es sich vielleicht besser verkauft.
Mit Eurem eigenen Label seid ihr ja auch unabhängig …
Das war vielleicht auch eine der cleversten Sachen, dass wir gesagt haben: Wir machen das jetzt selber. Ich weiß nicht, ob wir nochmal zu ner Plattenfirma gehen. Aber: Sag niemals nie. Manchmal erstickt man auch in Arbeit. Gerade vorm Release denkt man, dass man alles was jetzt passieren muss, gar nicht stemmen kann. Da waren schon manchmal die Überlegungen, ob man es selber macht oder abgibt. Aber eigentlich ist es geil, wenn man es selber macht. Dann ist es genau Dein Baby.
Eigenes Label, Nummer-Eins-Album, eigener Gin … Gibt es noch irgendein Ziel, das Ihr erreichen wollt?
Ziele haben wir uns eigentlich nie gesteckt. Das sind immer so Sachen, die auf dem Weg passieren. Der Gin, das Buch, die Live-Platte… Wir sind erst mal offen für alles. Auf dem Weg fliegt einem so viel entgegen, woraus dann genug crazy Ideen entstehen.
Interview: Melanie & dieChris
Fotocredit (Titel): Danny Kötter/thezitterman
Fotocredit: Tessa Reimann