Coogans Bluff, Spidergawd und die Kunst der Dynamik
Soup eröffnen den Abend mit einer blitzsauberen Vorstellung von synthiegestütztem, psychedelisch anmutenden Progrock, dessen Beeinflussung von Pink Floys ausnahmsweise einmal nicht abzustreiten oder anzuzweifeln ist, sondern sogar im regelrechten Stil einer Hommage den Weg durch die Gehörgänge der Audienz in den für Genuss eingeteilten Abschnitt des Cortex findet. Ein gelungener Opener, der genau das tut, was er soll. Er bringt die Hörerschaft in Stimmung, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu stellen, ohne Forderungen, einfach durch ihre Darbietung überzeugend. Toll.
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Nach kurzer Pause starten Coogans Bluff ihr Programm. Die Gangart ist eine andere, das angefütterte Publikum bekommt nun den ersehnten, fetten Köder vorgeworfen. Die Performance des Rostocker/Berliner Stoner-Orchesters ist großartig. Musikalisch gab es bereits in der Vergangenheit, zum Release ihres aktuellen Albums ‚Gettin‘ Dizzy‘ wenig auszusetzen. Von der weiteren Steigerung auf dieser Ebene ganz abgesehen, präsentieren Coogans Bluff sich diesesmal auf eine fantastisch frische Art und Weise, die Ausstrahlung und Spielfreude greift sofort auf die Audienz über und begeistert.
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Das gut einstündige Set ist exzellent gewählt, es hält bei Laune und überzeugt durch einen guten Mix aus durchdeklinierten Songstrukturkomponenten und freieren Parts, in denen das Verständnis der Musiker untereinander die Basis für ein musikalisches Wohlbefinden formt. Dies findet seinen Höhepunkt bei den letzten beiden Songs ‚Too Late‘ und ‚Poncho Express‘ als Zugabe, die perfekt platziert sind. Eine durch und durch gelungene Vorstellung mit einer ansehnlichen Steigerung im Vergleich zum letzten Mal. Schön mit anzusehen, wie eine gute Band Erfahrung sammelt, lernt und zu einer sehr guten Band erwächst.
Spidergawd betreten die Bühne. Die beiden Alben, die von ihnen im Abstand von gerade einmal neun Monaten veröffentlicht worden sind, haben mich durchweg begeistert und Bestnoten eingeheimst. Umso gespannter wird das jetztige Treiben auf der Bühne begutachtet. Ein Intro oder einen definierten Beginn gibt es nicht. Kapstad setzt sich an sein überdimensioniertes Drumset und Per Borten lässt die ersten verzerrten, dröhnenden Klänge seiner Gitarre hören. ‚Schwammig‘ beschreibt diesen Anfang ganz gut. Die erste Minute vergeht in einem Schwall aus Lärm, bevor überhaupt zu erkennen ist, dass es sich bereits um den ersten Song handelt. Der Sound vermag überhaupt nicht zu überzeugen. Lautstärke scheint das dominierende Argument dieser Show zu sein, Bass und Baritonsaxophon rumpeln, jeweils durch eine ordentliche Portion Fuzz entstellt, innerhalb des selben Frequenzspektrums herum und nehmen sich gegenseitig die Identität. Bortens Gitarre kreischt und dröhnt dabei in völlig übertriebener Präsenz über diesen wabernden Brei, lediglich Kapstads Getrommel ist eindeutig als solches zu identifizieren und zu bewundern. “
Der Funke springt nicht über. Während des gesamten Sets gibt es nur äußerst wenige Stellen, an denen einzelne Riffs überhaupt einmal greifbar werden. Das liegt zum einen sicherlich an der mangelhaften Abmischung des Tons, aber auch an fehlender Dynamik in der Spielweise und dem Konzept der Musiker selbst. Per Borten stellt sich viel zu sehr in den Vordergrund, nimmt sich stellenweise die etwas überzogene Freiheit, hier und da mal eine Gitarren- oder Gesangspassage auszulassen und versetzt dem Sound mit seiner übersteuerten Gitarre den Todesstoß.
“ Von den Aufnahmen auf dem Album kenne ich nahezu jeden Ton. Umso enttäuschender ist es, wenn prägnante und geniale Lines ausgelassen oder schluderig überspielt werden, was in dutzenden Fällen auftritt. Die Erwartung liegt dabei keinesfalls auf einer 1:1 Wiedergabe der Songs wie von Platte, um Himmels Willen, aber die live performten Modifikationen stellen einfach eine deutliche Verschlechterung dar. Für den Gesang trifft dies im Allgemeinen zu. Borten singt nicht, er schreit, voller Energie. Das kann er auch, hat er aber mal keine Lust oder Luft mehr und verfällt in einen geleierten Singsang, passt nichts mehr zueinander, Textaussetzer und genuschelte/gesummte Passagen krönen das ganze noch.
An der Leistung der übrigen drei Musiker gibt es, abgesehen von dem Gesamt-Soundbild, das ich jetzt einfach mal ihrer Macht entziehe, absolut nichts auszusetzen. Die Motorpsycho-Rhythmusmaschine läuft wie geschmiert, Kenneth Kapstad schafft es auf beeindruckende Art und Weise, die Felle seiner sechs Toms sowie seine sieben Becken durchgehend in Schwingung zu halten und ist als Einzelperson bereits ein bestaunenswerter Showact. “ Bent Saether wummert dazu sicher und kontinuierlich mit seinem Bass herum und zeichnet sich dadurch aus, bei dem furorartigen Schlagzeugspiel den Überblick zu behalten. Rolf Martin Snustad ist mit vollem Einsatz an seinem Saxophon dabei, hat seine guten und fokussierten Passagen, geht ansonsten aber leider im Hannoveraner Soundsumpf unter. Die Lautstärke ist wirklich schmerzhaft und da bin ich kein Weichei.
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Am Ende bleibt ein dröhnender Tinnitus, eine herbe Enttäuschung von einer Band, die es eigentlich besser kann, eine angenehme Überraschung einer weiteren Band der Trondheimer Schule und eine wohlwollende Erinnerung an die enorm verbesserten Coogans Bluff, die den wahren Headliner dieses Abends gegeben haben.