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BRIAN FALLON – „Let’s do friday-stuff!“

2. Mai 2020. Das wäre das Datum gewesen, an dem dieses Konzert ursprünglich hätte stattfinden sollen. Diverse Lockdowns und Infektionswellen später endlich vorsichtiger Optimismus: Der 6. Mai 2022 ist als mittlerweile zweiter Nachholtermin im Kalender eingetragen – und die lange befürchtete Absage blieb aus! Also auf in die Neue Theaterfabrik nach München zu Brian Fallon & The Howling Weather. Selbst in der Location angekommen wirkte es noch surreal, dass das Event wirklich steigt. Vielleicht hatte die Autorin ob dieser Tatsache sogar ein paar Freudentränchen im Auge … wer weiß.

 

Der New Yorker Singer-Songwriter Jesse Malin eröffnet den Reigen mit eher leisen Tönen. Dennoch war der Saal bereits gut gefüllt, und die Stimmung war, wie sie den gesamten Abend über bleiben sollte: andächtig und irgendwie feierlich. Jeder im Raum schien es unfassbar zu genießen, endlich wieder entspannt mit einem Bier in der Hand und einer Zigarette zwischendurch Live-Musik hören zu dürfen.

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Als Chris Farren die Bühne übernimmt, ist definitiv Schluss mit den ruhigen Sounds – und das, obwohl sein Auftritt eine astreine One-Man-Show ist. Während Farren seine poppigen Indie-Songs auf der Gitarre begleitet, kommt der Rest der Musik fertig gemischt aus der Konserve. Die fehlenden Band-Kumpanen werden durch eine Video-Installation kompensiert, die die Show in eine schräge Story bettet. Voller Selbstironie und Esprit turnt, schreit und seufzt sich Farren durch sein Set. Damit das Publikum auch sicher weiß, was als nächstes kommt, kündigt die Videoinstallation im Hintergrund Gitarrensoli an oder gibt die gewünschte Reaktion für das obligatorische Insta-Foto vor. „So my mom thinks I’m successful!“, begründet Farren schelmisch seine Vorgehensweise. Die Menge dankt es ihm mit lauten Gelächter und viel Applaus zum Abschied.

Noch eine Umbaupause, dann ist es so weit: Brian Fallon und seine Tour-Band The Howling Weather betreten die Bühne – und werden frenetisch bejubelt. Während Brian noch kurz mit seinem Drummer plauscht, steigt die Spannung: Wann erklingt der erste Akkord? Welcher Song wird der Opener sein? Der war tatsächlich eine Überraschung: Statt direkt mit einem Titel wie „If Your Prayers Don’t Get to Heaven“ oder „My Name Is The Night (Color Me Black)“ in die Vollen zu gehen, startet Fallon ganz entspannt und leicht melancholisch mit „Steve McQueen“. Egal, das Publikum singt ab der ersten Zeile aus vollem Herzen mit – und das die gesamte Show durch. Es darf getrost behauptet werden: Künstler und Publikum haben das Konzert zusammen bestritten. Hier musste niemand zum Mitklatschen oder Teilnehmen animiert werden. Das ansonsten eher reservierte Münchner Auditorium sang, schwelgte und schwofte, als gäbe es kein Morgen.

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Diese Energie blieb die vollen zweieinhalb Stunden der Show, die, völlig ungewohnt, ohne Zugabenblock endete, auf Maximallevel. Das wirkte sich auch auf Fallon aus, der wie üblich seine Scherze mit den Leutchen vor der Bühne trieb. Ob er nun einen allzu penetranten Schreihals charmant in seine Schranken wies – „We’ve heard enough of you, I’m talking to that woman over here!“ – oder auf diverse „I love you“-Rufe 1001 und Grund entgegnete, weshalb man diese Haltung nach fünf Minuten mit ihm über Bord wirft – sein Gefrotzel mit seinen Fans war wie immer launig und unterhaltsam. „Are you having a good time?“ – „Yeeeeeeeaaaaah!“ – „OK! Let’s see if I can ruin that!“ Hat er natürlich nicht geschafft. Ganz im Gegenteil. Wie es aussieht, hat Fallon die Corona-Zwangspause genutzt, um sein Gitarrenspiel zu verfeinern. Beim Rausschmeißer „Rosemary“ schenkte er seiner Zuhörer_inneschaft ein fantastisches Solo, das man in dieser Form bislang nicht zu Ohren bekam.

Insgesamt war das Set eine feine Mischung aus Fallons drei Solo-Alben und ließ keine Wünsche offen. Gassenhauer wie „Come Wander With Me“, „A Wonderful Life“, „Sleepwalkers“ oder „Painkillers“ gab es ebenso zu hören wie die leisen Töne von Titeln wie „Lonely For You Only“ oder „You Have Stolen My Heart“. Als nach den bereits erwähnten zweieinhalb Stunden abrupt das Licht anging, herrschte kurz Irritation. Doch dann setzte aus der Anlage Belinda Carlisle mit „Heaven Is A Place On Earth“ ein und, ehrlich gesagt: Treffender kann dieser Abend nicht zusammengefasst werden.

Photo Credit: Andre Schnittker (Nürnberg)

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