Boysetsfire
‚Boysetsfire sind wieder da!‘ Als diese Nachricht vor zwei Jahren durchdrang, war die Vorfreude bei Fans und Sympathisanten riesig. Und wie sie zurückkamen. ‚While A Nation Sleeps…‘ zeigte eindrucksvoll, dass die Herren es noch immer drauf haben. Energie, Ideenreichtum, Texte, die es auf den Punkt brachten. Nun, zwei Jahre später, kommt das nächste Album nach ihrem Comeback. Selbstbetitelt. Oft ein Anzeichen dafür, dass dieses Album die Band besonders widerspiegelt. Die Songs auf einem solchen Album sind laut Bandaussagen der Ursprung und der aktuelle Stand zugleich. Dass, was die Band ausmacht.
Wenn es nach solchen Aussagen geht, hätte jedes Album von Boysetsfire den Bandnamen tragen müssen. Auch auf dem neuen Werk zeigen die Amerikaner wieder, dass sie sowohl laut, als auch leise können. Es gibt die Songs, die einen durch die Boxen direkt in den Hintern treten und uns die blutige Wahrheit ins Gesicht spucken. Dann gibt es jedoch auch die, die uns aufbauen, Licht am Ende des Tunnels aufzeigen, und genau da liegt der Unterschied zu ‚While A Nation Sleeps…‘. Während die Jungs bei ihrem Comeback offenbar eher darauf bedacht waren, möglichst wütend mit der gesamten Gesellschaft abzurechnen und das in selbst für Boysetsfire-Verhältnisse sehr düstere Songs zu verpacken, gibt es jetzt auch wieder gute Laune. Einer dieser Gute-Laune-Lieder ist ‚One Match‘, zu dem bereits ein Video veröffentlicht wurde. Es ist einer Hymne an die gemeinsame Zeit, den Zusammenhalt und die enge Freundschaft. Der Song ist einfach gestrickt, eher punkig, aber typisch Boysetsfire. Es gibt da aber auch noch die anderen, die harten und schwierigeren Lieder. ‚The Filth Is Rising‘ ist so einer. Hier packen die Jungs wieder die Metal-Axt aus. Messerscharfe Riffs und zerstörerische Zwischenparts, die beinahe an Beatdown erinnern. An mancher Stelle vielleicht zuviel des Guten, den oft wirkt das Ganze zerfahren, übertrieben und eine Spur zu extrem. Für Extreme ist die Band ja unter anderem bekannt. Auch der abrupte Wechsel von Hardcore zur Emo-Hymne ist nicht neu. Dieses Mal treibt es die Band jedoch auf die Spitze. Direkt nach dem ersten Metal-Hammer gleiten sie nämlich mit ‚Torches To Paradies‘ wieder völlig in die emotionale Schiene ab. Gemeinsam haben diese beiden ansonsten grundverschiedenen Songs nur, dass ihnen irgendwie der Drive fehlt. Die schweren und langsamen Refrains bremsen immer wieder aus. Dass Sänger Nathan Gray eine bewundernswerte Stimme hat, wissen mittlerweile auch alle, aber gerade in den ausschweifenden Passagen von ‚Torche To Paradies‘ oder ‚Fall From Grace‘ übertreibt er es maßlos und beginnt spätestens bei der dritten Wiederholung zu nerven.
Irgendwas stimmt mit diesem Album nicht. Boysetsfire schaffen es nicht, ihre beiden Seiten perfekt zu vereinen. Das Album ist unruhig, teilweise zerfahren. Jeder Song scheint für sich zu stehen, anstatt zusammen eine runde Platte abzugeben. Es ist ein Bisschen wie beim Matratzenkauf. Die weichen Modelle sind irgendwie zu weich und die härteren zu hart. So verhält es sich auch mit den sich abwechselnden Hardcore- und Emo-Songs. Ebenfalls negativ zu bewerten ist, dass mit dem letzten Lied des Albums, ‚Bed Dry‘, schon vor zwei Jahren Werbung für den Vorgänger gemacht wurde. Wer weiß, wie viele Tracks genauso alt oder älter sind? Wirklich frisch und neu ist das nicht. Für das hohe Niveau, dass sich Boysetsfire über die Jahre selbst geschaffen hat, ist das kein besonders gutes Album. Dennoch dürften auch die neuen Songs live wieder ordentlich reinhauen.