Andy MK – Rockmusik mit Herz, Hund und Heldentum
WS: Andy, stell dich doch mal kurz vor und erzähl, was man über dich wissen sollte!
Andy MK: Ich bin Andreas, mein Künstlername «Andy MK» spielt auf meinen Nachnahmen «Ehmke» an – und ich will natürlich auch auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig sein. J
Ich habe 1988 mit 16 Jahren begonnen, Schlagzeug zu spielen. Wie alt ich bin, darf der Leser jetzt selbst ausrechnen! Ich habe über die Jahre als Drummer in insgesamt elf Rock- und Metalbands gespielt, manche waren Coverbands, etliche haben aber auch Eigenkompositionen geschrieben. Die letzten 16 Jahre war ich bei einer Schweizer Metalband, die auch schon einige CDs aufgenommen hat. Ich habe selbst auch immer Texte geschrieben und allgemein Ideen für Songs gehabt. Oft war es aber nicht möglich, diese im Bandkontext einzubringen. Ihr kennt ja vielleicht den Witz: «Was waren die letzten Worte des Drummers, bevor er aus der Band geschmissen wurde»? «Ich hab’ da ‘n Song geschrieben…»
Also habe ich die letzten dreieinhalb Jahre (es hab auch ein dreiviertel Jahr Pause wegen Covid) mit einem guten Freund als Produzent und einigen Gastmusikern mein erstes Soloalbum «Demons & Heroes» produziert und Ende September veröffentlicht.
Im Vergleich zu einer Band konnte ich mich da musikalisch und kreativ voll «austoben» und alle meine Ideen einbringen.
WS: Möchtest du etwas über deine musikalische Ausbildung und «Erziehung» erzählen? Vielleicht eine Anekdote über ein Kindheitstrauma, weil die Eltern euch immer zum Klavierunterricht oder zum Üben mit der Posaune nötigen mussten?
Andy MK: In der Schule habe ich Blockflöte gelernt, aber der Mundgeruch meiner Lehrerin hat meinen Ambitionen den Garaus gemacht. Später war ich ihm CVJM, wo jeder Gitarre spielen wollte. Nur ich nicht! Ich wollte die Drums! Mein Opa hat mir dann den Schlagzeug-Unterricht bezahlt!
WS: Du hast dein in Eigenregie produziertes Album bereits erwähnt. Gibt es etwas, worauf du bei deinem Debüt-Album besonders stolz bist, abgesehen natürlich von der Tatsache, dass du es mit viel Zeit und Herzblut auf die Beine gestellt hast?
Andy MK: Ich habe «Demons & Heroes» neben den bekannten digitalen Plattformen auch in einer auf 100 Exemplare limitierten Digipack-CD veröffentlicht. Ich wollte erst mal sehen, wie das Feedback so ist und wollte es tatsächlich auch etwas exklusiver. Die Digipack-Hüllen habe ich dann selbst in Heimarbeit zusammengebastelt. Ich sass da in meinem Esszimmer, nebenbei lief natürlich meine CD und ich faltete und klebte das Cover zusammen. Das war ein schwer zu beschreibendes, erhabenes Gefühl. Ich wünsche jedem dieses Gefühl, das hat man hat, wenn man selbst etwas geschaffen hat und dann das Endergebnis in den Händen hält.
WS: «Demons & Heroes» ist ja kein Band-Album im klassischen Sinn, sondern eher eine Art persönliche Liedersammlung, ein Solo-Album mit Gastmusikern. Wolltest du schon immer eine eigene CD machen oder hat sich das eher aus den Umständen, die du gerade schon kurz erwähnt hast, ergeben?
Andy MK: Es ist beides. Witzigerweise habe ich schon mit meinem Stiefvater vor Jahren gewettet, dass ich mal eine CD mache. Er meinte nur, wenn ich erfolgreich sein will, solle ich Hitparaden- oder Volkstümliche Musik spielen. Meine Rockmusik wäre nur für den Keller geeignet. Wir haben um ein Essen bei McDonald’s gewettet. Leider konnte ich den Wettgewinn nicht mehr selber einlösen, er ist inzwischen verstorben. Aber ich habe zur Feier der Wette in seinem Namen einen McRib verdrückt…
WS: Du probierst dich ja auf deinem Album vielseitig aus, vor allem beim Gesang. Warum? War das ein grosser Schritt bzw. musstest du weit aus deiner Komfortzone, um zu singen? Was war die grösste Herausforderung?
Andy MK: Ich wollte das Album so persönlich wie möglich machen. Klar mag der eine oder andere Freund auch mein Schlagzeugspiel erkennen, aber ich wollte die besondere persönliche Note durch den Gesang bekommen. Ich habe auch in den Coverbands, die ich erwähnt habe, schon gesungen. «Rock n Roll All Nite» von Kiss (was es auch als eine von zwei Coverversionen auf das Album geschafft hat), aber auch «Paranoid» von Black Sabbath oder «Heilige Lieder» von den Onkelz. Also neu war es mir nicht.
Aber dann die eigene Stimme im Studio zu hören, ist nochmal was anderes. Seine eigene Stimme dann per Kopfhörer zu hören, da musste ich mich erst einmal dran gewöhnen. Am Anfang hatte ich auch wirklich Lampenfieber. Eine richtig grosse Herausforderung war auch die Aussprache, der Text. Live kann man da in der allgemeinen Stimmung was «rausnuscheln» und alle sind happy – aber bei einer Studioaufnahme geht das nicht. Von Atmung, Gesangstechniken und so weiter hatte ich ja davor keine Ahnung. Gott sei Dank hatte ich meinen Produzenten Chris, der mich wahnsinnig gecoacht hat. Da habe ich sehr viel gelernt – vor allen Dingen im Bezug auf den Gesang.
WS: Wenn man die Hardrock- und Metalszene kennt, kommen einem viele Elemente deines Albums wohlig vertraut vor. Melodien, Gesangsstile und einiges mehr. Welche Musiker haben dich denn am ehesten geprägt, wenn du dir jetzt das Endergebnis anhörst? Oder anders ausgedrückt: Wen glaubst du, spricht deine Musik besonders an?
Naja, ich bin grosser und bekennender KISS-Fan und mag viele klassische Bands wie W.A.S.P. oder Black Sabbath inklusive Dio und Ozzy. Aber auch Mittelalter-Rock wie Schandmaul, Letzte Instanz oder Subway to Sally. Die stehen alle auf meiner Playlist. Als Drummer prägten mich sicher Cozy Powell, Bill Ward oder die frühen Sachen von Phil Collins und natürlich die drei KISS-Drummer Peter Criss, Eric Carr und Eric Singer. Bei Sängern würde ich jetzt nicht von Einflüssen sprechen. Leute, die das Album gehört haben, haben mich aber schon mit Lordi, Ozzy, James Hetfield oder Jack Black verglichen, was natürlich eine grosse Ehre ist. Das ging runter wie Öl, das muss ich zugeben. Ich denke, mein Album spricht jeden an, der Hardrock und Metal hört, der handgemachte, harte, aber auch balladeske Musik mag.
Die Songs sind breit gefächert: Klassische Hardrock-Stampfer wie «Illumination», «Ravenlord» oder «Pay for your Sin» gehen Richtung Powermetal. «We are Heroes» ist eine schnelle Nummer, auf die ich persönlich sehr stolz bin, weil es die Mittelalter-Klänge mit einbindet. Da ist ein Tempowechsel mit drin und zum Ausklang ein Chor.
WS: Aus dem Rahmen fällt da definitiv die Cover-Version von «Chandelier», im Original von der australischen Popsängerin Sia. Eure Version rockt wirklich gelungen. Ich kenne dich ja und mit einem KISS-Cover hatte ich gerechnet. Mit Sia allerdings definitiv nicht. Wie passt dieser völlig andere Song da rein, wie bist du da draufgekommen? Gibt es dazu eine Geschichte?
Andy MK: Haha, ja damit hat wohl keiner gerechnet. Ich bin sehr spät auf den Song aufmerksam geworden, denn den gibt es ja sicher schon acht oder zehn Jahre. Ich bin per Zufall bei Youtube auf den Song und das Video aufmerksam geworden und beides hat mich wirklich fasziniert. Es gibt noch eine andere Cover-Version, die mir auch gefallen hat, aber das war alles in diesem normalen 4/4-Takt. Und ich dachte mir dann: Warum gibt’s das nicht im Shuffle? Ich habe dann eine Weile drüber nachgedacht, aber den Gedanken erst mal wieder aus dem Sinn verloren. Irgendwann hat mich meine Schwester dann wieder darauf angesprochen, der ich davon erzählt hatte. Sie hat mich ermutigt, das zu machen.
Und so bin ich dann mit der Idee bei Chris aufgelaufen. Es war natürlich sehr vermessen von mir zu denken, dass ich das gesanglich irgendwie hinkriegen könnte. Ich hab’s versucht und es gibt auch Aufnahmen davon, aber die hat kein Mensch je gehört. Meine gesanglichen Limits waren erreicht. Chris hat mir dann Alexia vorgeschlagen, mit der er auch in einer Rock-Cover-Band spielt. Sie singt so Sachen wie Tina Turner, Bonnie Tyler oder Lady Gaga. Er hat sie dann gefragt und sie war so begeistert von der Idee, dass sie ins Studio kam. Sie war super vorbereitet und nachdem sie «Chandelier» eingesungen hatte, fragte sie, ob ich sonst noch was bräuchte und da habe ich natürlich «ausgepackt.» Sie hat dann «Ravenlord» mitgesungen, «Pay for Your Sin» im Background und auch noch in weiteren Songs. Es gibt einige Lieder, die sie durch ihren Gesang echt noch mehr gepusht hat. Da bin ich sehr dankbar, dass sie mich da so unterstützt hat.
WS: Und dann hast du ja noch einen ganz besonderen, vierbeinigen «Gastmusiker». Willst du die Herausforderung annehmen und den Lesern von unserem Magazin, die nicht so viel mit Hunden anfangen können, erklären, warum das keine alberne Idee ist?
Andy MK: Ja, das ist auch eine Sache, auf die ich sehr stolz bin. Auf dem Album ist auch meine Golden Retriever Hündin Luna zu hören. Wir waren 14 Jahre zusammen – ich weiss, das klingt wie eine Beziehung, aber das war es auch. Leider musste ich sie vor einem halben Jahr einschläfern lassen, weshalb das Ganze ein sehr emotionales Thema für mich ist. Für mich ist ein Musik-Album etwas für die Ewigkeit. Das Album wird mich überleben und wenn ich Glück habe, noch in Jahren gehört. Da wollte ich mich verewigen, aber auch die Luna. Darum habe ich sie auf zwei Liedern bellen lassen. Sie war mit im Studio, hat in das Mikro gebellt und das wurde dann in zwei Songs reingemischt. Sie war zwar oft am Schlafen, aber eben auch mit dabei – und ist so jetzt auch ein Rockstar geworden. Sie wurde nämlich von ihren Hundefreunden auch am Gebell auf «Adventurous Journey» erkannt, wenn die CD dort zu Hause lief. Da kamen die angelaufen und haben die Luna gesucht. Als wir angefangen haben, ging es ihr noch gut, da war sie 12 Jahre alt. Leider hat sie den Release von der CD nicht mehr erleben dürfen.
WS: Ich habe es bereits angeschnitten, die meisten Songs sind sehr persönlich. Hat der Titel «Demons & Heroes» denn auch autobiografische Züge? Wer sind deine Helden und was deine Dämonen?
Andy MK: Der Titel kam ursprünglich von dem Lied «Demon’s Promise», das ich damals geschrieben habe. Das ist ein fiktiver Song. Man fühlt sich down und sagt sich innerlich: «Ich geh jetzt einen Bund mit dem Teufel ein, damit ich alle meine Wünsche erfüllt bekomme». Davon handelt der Song. Zuerst wollte ich das Album dann auch nach dem Song «Demon’s Promise» nennen, aber dann habe ich andere Lieder geschrieben, unter anderem «We Are Heroes». So kam mir dann die Idee für den Titel «Demons & Heroes». Und die eigenen Dämonen, ich denke, das sind die Dämonen, die uns alle mehr oder weniger heimsuchen. Es geht um Einsamkeit, Melancholie, um Beziehungsprobleme, finanzielle Sorgen, Verlust und Trauer um Vergangenes aber auch Zukunftsängste. Dämonen, die jeder kennt. Und die Helden dabei sind eigentlich wir alle. Wir trotzen den ganzen Dämonen, wir stehen morgens auf, gehen zur Arbeit, leben in unseren Beziehungen, gehen mit den Verlusten und Ängsten irgendwie um. Sobald wir unseren Dämonen gegenübertreten und sie bekämpfen, werden wir alle zu Helden.