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Vestiges And Claws

Knapp acht Jahre Wartezeit können für hartgesottene Fans höllisch lang sein. So lange dauerte es, bis der schwedische Singer-Songwriter José González nach ‚In Our Nature‘ (2007) sein drittes Album ‚Vestiges And Claws‘ veröffentlichte. Auf der faulen Haut hatte er bis dato allerdings nicht gelegen: Er produzierte zwei Alben mit der Band Junip – seinem bei weitem elektronischer angehauchten Pop-Projekt -, tourte mit dem Berlin/Göteborg String Theory Orchestra und anderen Bands, arbeitete an dem Soundtrack für Ben Stillers Film ‚Das erstaunliche Leben des Walter Mitty‘ und trug mit seiner Interpretation von ‚This Is How We Walk On The Moon‘ zur Red Hot Charity Compilation zu Ehren von Arthur Russel bei.

Auch wenn solche Nebenprojekte die lange Wartezeit verkürzen und vielleicht sogar versüßen konnten, hätten sich die Fans seiner akustischen Musik mit ihnen wohl kaum zufrieden gegeben, hätte sie das neue Album letztlich doch enttäuscht. Aber schon bei den ersten Klängen des Openers ‚With The Ink Of A Ghost‘ ist klar, dass José González erneut ein zeitloses Meisterstück der akustischen Folkmusik vorgelegt hat – wiederum mit Einflüssen aus der argentinischen, amerikanischen und britischen Folklore und wiederum vor allem erneut in Eigenregie. Und es sind nun einmal die Soloprojekte, mit denen er bekannt wurde und wegen derer man ihn schätzt.

Mit seinen simplen wie eingängigen Gitarrenmelodien, den Percussions mit Klatschen, Rasseln und Schlägen auf seinem Instrument sowie seiner sanften, warmen Stimme erfindet José González zweifelsfrei nicht das Rad, aber so ein Arrangement macht ihm in der Intensivität und Komplexität andererseits so leicht auch keiner nach. Kaum wahrnehmbare, aber dennoch in ihrer Wirkung essentielle Hintergrundklänge, wie der von Holzbläsern in ‚The Forest‘, runden die Songs und das Album allgemein dezent ab – von Monotonie keine Spur.

In Songs wie ‚Stories We Build, Stories We Tell‘, ‚Afterglow‘ und ‚Which Will‘ hat sich der schwedische Musiker dagegen deutlich an westafrikanisch geprägten Blues-Rhythmen ausprobiert. Sein persönlicher Lieblingssong sei jedoch ‚Open Book‘, in dem er ganz zum am Schluss der Platte über Unsicherheit und Zweifel singt und das von den Songs ‚Blackbird‘ (The Beatle), ‚These Days‘ (Jackson Browne) und ‚Kathy’s Song‘ (Simon & Garfunkel) inspiriert wurde. ‚Let It Carry You‘ verdeutlicht wiederum, woher die beruhigende Atmosphäre in González‘ Musik stammt: Er hat sich offenbar in den letzten Jahren intensiv mit Meditation aber auch mit gesunden, positiven, religionsunabhängigen Lebenseinstellungen beschäftigt. ‚Every Age‘ ist dabei das beste Beispiel dafür, dass er Botschaften für ein besseres, naturverbundenes, nachhaltiges Leben vermitteln möchte. Und wie könnte das besser gelingen als mit so einem soliden, aussagekräftigen Album.

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