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Ugly Noise

Bei der Flut an Veröffentlichungen gibt es kaum Zeit mal in Ruhe die guten alten Klassiker zu genießen, zum Beispiel „No Place for Disgrace“ von Flotsam And Jetsam. In Ermangelung von Zeit hört man notgedrungen die neue Scheibe der ehemals legendären Thrasher aus Phoenix im Büro in „echter“ Zimmerlautstärke, sodass im Flur nichts mehr ankommt, bei einem selber dementsprechend nicht viel mehr. So erwies sich der erste Durchlauf von „Ugly Noise“ (Metal Blade) nur wenig erbaulich. Nach „The Cold“, die aufhorchen ließ, also wieder ein Einbruch wie so oft, wenn man gedacht hat, der Fünfer hat sich endlich frei gemacht von seinem schweren Erbe.

Dank der Rückkehr der Originalmitglieder Michael Gilbert und Kelly David Smith und der zweiten Chance mit vier adäquaten Lautsprechern strafen Flotsam And Jetsam den ersten Eindruck Lügen. Mit „Ugly Noise“ streift die Band nun endgültig die schwere Last ihrer ersten beiden Alben ab. Völlig frei von allen Zwängen – die Produktion wurde durch Crowd-Funding realisiert – läuft man zu songwriterischer Höchstform auf und wirft von Speed Metal über Progressive bis hin zu Soul und Blues vieles, was in der Vergangenheit zum Scheitern verdammt war, in die Waagschale. Überraschend aggressiv und düster, ausgestattet mit einem passenden, sehr tiefen und weitreichendem Sound ist Flotsam And Jetsam auf ihrem elften Album zu vernehmen.

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Bereits der Opener und Titeltrack zeugt von hoher Qualität. Nach einem Klavier-Intro baut sich ein schwerfälliger Metal-Songs auf, der durch seinen gekonnten Spannungsbogen von krachig bis ruhig und melodisch und seinen fetten Gitarrensound besticht. „Gitty Up“ ist ein flotter Rocker mit aggressiven Vocals und einem sehr melodischen Refrain, gefolgt vom schwermütigen und sehr emotionalen „Run and Hide“. Modernes Staccato hilft „Carry on“ mächtig in die Gänge, aufgelockert durch gelungen integrierte progressive Passagen. Headbang-Pflicht! Im wiederum melancholischen „Rabbits Foot“ wird einem klar, was für ein großartiger Sänger Eric A.K. ist, wie vielfältig er seine Stimme einsetzen kann und wie er sich in die Stimmung eines jeden Songs hinein versetzen kann.

Mit „Play Your Part“ ist Flotsam And Jetsam ein waschechter Heavy Metal Song im klassischen Stil gelungen, schwere Gitarren, stampfender Beat, melodische Harmonien und ein mächtigen Chorus. Das Album-Highlight! „Rage“ ist ebenso wütend geworden wie der Titel es verspricht. Ganz auf der Höhe der aktuellen Trends im Metal-Mainstream präsentiert sich „Cross the Sky“, zwar mit einem gesunden Schuss Blues gewürzt, aber nicht die stärkste Nummer auf „Ugly Noise“. Industrial-Klänge leiten die nächste Up-Tempo-Nummer ein, die vor Energie nur so strotzt. Voller Groove und treibenden Übergängen steckt „I Believe“, während „To Be Free“ einen halsbrecherischen und wütenden Abschluss einleitet, der mit „Machine Gun“ sein fulminantes Finale erreicht.

„Ugly Noise“ hat etwas Orchestrales, etwas Mächtiges an sich, das einen fesselt. Die gesamten 47 Minuten flimmern Reminiszenzen an Genre-Klassiker wie „Operation: Mindcrime“ oder „This Godless Endevour“ ob seines Abwechslungsreichtums und seiner Vielschichtigkeit vor dem geistigen Auge. Damit war nicht zu rechnen, sehnlich gewünscht hatten es sich viele, ein letztes geniales Flotsam And Jetsam-Album. Der Phoenix-Fünfer kommt diesem Traum verdammt nah.

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