The End Machine
Das Debütalbum von The End Machine muss sich bereits an hohen Erwartungen messen lassen. Wieso? Nun, weil die Besetzung der Truppe zu 3/4 aus den originalen Dokken-Mitgliedern plus Lynch Mob-Sänger Robert Mason besteht. Oder, wenn man’s so will, zu 3/4 aus dem 1992er Lynch Mob-Line-up plus Jeff Pilson. Die Hoffnung, hier mit einer Mixtur aus klassischem Dokken-Sound und dem frühen Lynch Mob verwöhnt zu werden, liegt also nahe.
Aber das wäre wohl zu einfach gewesen. Klar, die erwähnten Einflüsse hört man natürlich heraus – George Lynchs Gitarrenspiel ist ebenso unverkennbar wie Mick Browns energetisches Drumming. Für reine Achtziger-Freaks wird The End Machine aber wohl nur wenig Packendes bieten: das Quartett hat nämlich ein knackiges und durchaus zeitgemäßes Hardrock-Album der traditionellen Sorte eingespielt, das sich grob zwischen dem bluesigen „Lynch Mob“-Album von 1992, und ein paar Spuren des gerne gehassten, düster und alternativ angehauchten „Dysfunctional“-Album von Dokken einfindet – nur eben, wie gesagt, moderner und vor allem mit weit mehr Schmackes als Letzteres. Für mit der History der Herren nicht so vertraute Hörer könnte man die Ausrichtung der Scheibe auch als eine Mischung aus Black Country Communion, The Dead Daisies und den unterschätzten Neunziger-Alben von Pink Cream 69 bezeichnen. Auch, weil Robert Mason immer noch gelegentlich wie ein weniger exaltierter Glenn Hughes klingt (‚Hard Road‘!), sollten gerade die Fans des Hughes/Bonamassa-Projektes hier einmal eine Hörprobe wagen – wobei The End Machine immer noch den besseren Gitarristen haben. Die modernen Elemente integrieren sich dabei so nahtlos in die Musik, dass es eine wahre Freude ist – The End Machine klingen nicht nach Reißbrett, sondern wie eine Zusammenrottung gestandener Hardrock-Größen, die ohne Druck einfach exakt das machen, nach was ihnen der Sinn steht. Und die dabei quasi als Nebenprodukt eine ganze Reihe unwiderstehlicher Songs fabriziert. Da wäre beispielsweise das derb in NASCAR-Manier losbretternde ‚Ride It‘ mit genialem Instrumentalbreak inklusive Basssolo oder das mit einem waschechten AOR-Refrain ausgestattete ‚Alive Today‘. Alternativ hätten wir noch das etwas an Audioslave erinnernde, schleppende ‚Bulletproof‘, die leicht zeppelinesque epische Ballade ‚Sleeping Voices‘ mit einem großartigen, ausgedehnten Lynch-Solo oder den wie ein Outtake vom „Wicked Sensation“-Album anmutende Rausschmeißer ‚Life Is Love Is Music‘. Energie, Melodien, musikalisches Können und Seele – was soll da schiefgehen?
Dass die Vier sich nicht unter irgendeinem etablierten Namen vermarkten, kommt der Scheibe also durchaus zugute: auch wenn Elemente aus ihrer Vergangenheit natürlich zu hören sind, können Lynch, Mason, Pilson und Brown ganz ohne Ballast agieren und einfach ihrer Nase nachgehen. Wo beispielsweise Europe mit ihrer „Modernisierung“ immer ein wenig angestrengt wirken, klingt The End Machine einfach natürlich und unaufgesetzt. Zusammen mit der wunderbar bodenständigen Produktion ergibt das eine der besten Hardrock-Scheiben der letzten Zeit und das beste Album der beteiligten Musiker seit den frühen 1990ern. Kurz: geiles Ding, dat.