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The Dead Daisies – Gänseblümchen, Kampfflugzeuge und Aktienkurse

Drei Alben haben The Dead Daisies in unterschiedlicher Besetzung in den letzten drei Jahren veröffentlicht. Dabei immer jede Menge „Namedropping“ und viel Wechsel. Da stellt sich schon die Frage, ob es sich um eine „echte Band“ handelt, oder es eher eine Art Projekt mit wechselnden Gastmusikern ist. Darauf angesprochen, reagiert der blonde Herr von „Down Under“ sachlich und eher kurz angebunden:

„Klar sind wir eine richtige Band! Definitiv! Natürlich gab es einige Umbesetzungen seit wir 2012 angefangen haben, aber das ist bei vielen Bands in diesem Stadium ein ganz normaler Prozess.“

Seine Antwort auf die Frage, ob er denn noch eine „Wunschliste“ mit Musikern hat, mit denen er gerne zusammenarbeiten würde, passt da genau rein:

„In solchen Kategorien denke ich gar nicht, wenn es um meine Musik geht. So was wie eine Wunschliste habe ich nicht.“

1DavidLowy.jpg „Wer ist dieser Mann, der schon nach wenigen Sätzen so selbstbewusst, so zielorientiert und auch ein recht nüchtern für einen Rockmusiker wirkt? Lowy, der an Sylvester 62 Jahre alt wird, ist zunächst vor allem Geschäftsmann – und das wurde ihm offensichtlich mit in die Wiege gelegt. Sein Vater, jüdischer Herkunft und 1930 in der damaligen Tschechoslowakei geboren, kämpfte im israelischen Unabhängigkeitskrieg, bevor nach Australien emigrierte und dort mit einem Partner 1959 eine erfolgreiche Firma gründete. Heute ist die Westfield Corporation ein Internationaler Konzern mit einem Wert um die 60 Milliarden australischer Dollar. Vater Frank Lowy ist heute der drittreichste Australier und sein rockender Sohn David der Chefverwalter aller Konzernimmobilien – das sind rund 23000 Verkaufsflächen in über 100 Einkaufszentren weltweit. Ein Job, der sicherlich nicht mit 38 Stunden in der Woche bewerkstelligt werden kann. Trotzdem ist Lowy mit seiner Band auf ausgedehnten Touren und hat drei Alben in drei Jahren herausgebracht und promotet. Rock’n’Roll hält jung, schon klar. Aber trotzdem – wie kriegt der Mann das unter einen Hut?

„Klar ist es eine Herausforderung, aber ich kriege alles unter einen Hut. Ich verbringe viel Zeit damit, zu telefonieren und Mails zu lesen und zu beantworten. Ich halte nichts von Müßiggang – ich bin gern jede Minute, in der ich wach bin, aktiv. Was die drei Alben in recht kurzer Zeit betrifft: Wir sind einfach eine sehr kreative Gruppe von Leuten. Das ist natürlich eine hervorragende Voraussetzung für eine fruchtbare Zusammenarbeit. Wir schreiben unsere Songs immer alle zusammen als Gruppe und da werden dann immer jede Menge Ideen gesponnen.“

Eine gute Arbeitsatmosphäre also – und jede Menge Disziplin und harte Arbeit. Die Krönung der ganzen Sache: Lowy, erfahrener und preisgekrönter Luftkampfpilot, hat im australischen Temora ein Luftfahrtmuseum gegründet, in dem alte, flugfähige (Kampf)flugzeuge ausgestellt werden. Der Geschäftsmann und Musiker tritt mit Maschinen wie der Spitfire aus dem Zweiten Weltkrieg oder der Dragonfly aus dem Vietnamkrieg regelmäßig bei Flugshows auf. Daneben besitzt er auch eine Lizenz zum Transport von Personen mit seinem Gulfstream III Privatjet. Da kommt doch dem profunden Rockmusikkenner eine gewisse andere, prominente Person in den Sinn. Der Pilot, Geschäftsmann und erfolgreiche Rockmusiker Bruce Dickinson, Sänger der Metal-Veteranen Iron Maiden. Ob er Dickinson denn persönlich kenne und ob sie sich bei ihren Treffen eher über Musik oder eher über Flugzeuge unterhalten würden?

„Ja, ich kenne Bruce und wir sind auch schon zusammen in Temora geflogen. Als Bruce mit Iron Maiden kürzlich in Australien war, haben wir auch etwas Zeit miteinander verbracht. Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten: Über die Musik, über das Fliegen aber auch viel über unsere Geschäfte, denn ich bin auch ein leidenschaftlicher Geschäftsmann. Bruce ist ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, Pilot und Musiker.“

2corabi.jpg „Unglaublich, der Mann. Doch zurück zur Musik, zurück zu The Dead Daisies, einer kompletten Gruppe von erfahrenen Musikern. Sänger John Corabi dürfte am bekanntesten durch seine Zeit bei Mötley Crüe von ’92 bis ’97 sein, nachdem dort Frontmann Vince Neill ausgestiegen war. Leadgitarrist Doug Aldrich spielte bei Dio und Whitesnake, Schlagzeuger Brian Tichy für Foreigner, Billy Idol und Ozzy Osbourne. Basser Marco Mendoza schließlich bediente den Viersaiter bei Thin Lizzy und deren Abkömmling Black Star Riders. Das sind sprichwörtlich Jahrzehnte von Erfahrung im Musikmachen. Mit Sicherheit eine nicht unwichtige Tatsache für die Qualität der Musik, aber noch keine Garantie für ein so gelungenes Album wie „Make Some Noise“. Was ist also das Erfolgsgeheimnis, wie schaffen es die talentierten Jungs eine so gelungene Synthese aus Classic Rock und moderner Rockmusik hinzukriegen?

Lowy nüchtern:

„Dabei ist kein Geheimnis. Wir sind ja schon eine Weile dabei und sind mit Classic Rock aufgewachsen. So bringt dann eben auch jeder seine Note mit in die Kompositionen mit ein. Mit Talent hat das übrigens alles sehr wenig zu tun. Ich sehe mich nicht als besonders talentiert. Ich gebe einfach alles bei dem was ich tue. Wenn überhaupt, dann sind also 10% Talent und 90% Schweiß das Erfolgsrezept.“

„Das leuchtet bei der Biographie des blonden Tausendsassas Lowy absolut ein. Und auch der Kommentar auf die Frage, welche drei Classic Rock Alben er mit auf eine einsame Insel mitnehmen würde.

„Ich kann mir absolut nicht vorstellen, auf eine einsame Insel zu ziehen. Das ist nichts, was ich jemals tun wollen würde. Aber drei Alben kann ich dir natürlich trotzdem nennen. „II“ von Led Zeppelin, „Back in Black“ von AC/DC und „L.A. Women“ von The Doors.

Nach einer abschließenden Lebensweisheit gefragt, kommt es wie aus der Pistole geschossen:

„Übernimm die Führung, ordne dich unter oder geh‘ verdammt nochmal aus dem Weg!“

Eine Arbeitsphilosophie die eindrucksvoll zeigt, wie man es so weit bringen kann wie die interessante Persönlichkeit David Lowy. Und gleichzeitig der hieb- und stichfeste Beweis, daß es sich beim Classic-Rock-Phänomen The Dead Daisies nicht um geschicktes Marketing handelt, sondern um etwas, das so bodenständig wie banal klingt: Jahrelange Erfahrung, echte Leidenschaft und harte Arbeit. Wenn dabei so etwas wie das neue Album „Make Some Noise“ herauskommt, dann ist das doch ein echtes Statement darüber, was Rockmusik sein kann und sollte.

Story: Daniel Frick
Fotos: The Dead Daisies

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