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The Bride Said No

Nad Sylvan hat nach langen Jahren im Prog-Underground dank seines Engagements bei Steve Hackett nun endlich ein breiteres Publikum erreicht. Dennoch spaltet Sylvan die Fangemeinde regelmäßig. Während die Einen ihn als einzig wahren Nachlassverwalter von Peter Gabriel und dem jungen Phil Collins betrachten, gibt es nicht wenige, die sein bisweilen etwas quäkiges Organ und sein eigenwilliges Bühnengebaren, welches Erinnerungen an Bill Nighy in „Still Crazy“ hervorruft, ein wenig belächeln.

So wird’s auch beim neueseten Soloalbum „The Bride Says No“ gehen. Einerseits bietet Nad Sylvan nämlich ganz coole Mucke, klassischen Neo-Prog mit vielen Pop-Elementen. ‚A French Kiss In An Italian Cafe‘ und ‚Black Sheep‘ hätten zum Horror der Songs-unter-zehn-Minuten-sind-keine-echte-Musik-Fraktion auch auf ein Mike + The Mechanics-Album gepasst. Die Mixtur wirkt schlüssig und sollte melodisch fixierten Proggies, die z.B. auch Arena, Big Big Train und IQ mögen, eigentlich wirklich gut reinlaufen. So sie denn abkönnen, daß Nad sich auch bei seinen eigenen Songs meist schwer nach Gabriel und Collins mit einer heißen Kartoffel im Mund anhört. Natürlich kann er nichts dafür, daß seine Stimme grundsätzlich so klingt, doch tönt er eigentlich viel besser, wenn er sich von den typischen Genesis-Manierismen löst, sich mehr stimmlichen Eigenständigkeit erlaubt. So zum Beispiel in ‚Crime Of Passion‘, das an die John Payne-Ära von Asia erinnert oder im stark an Marillion angelehnten, von groovigen Loops, Tony Levins Stick und eingängiger Melodie getragenen ‚When The Music Dies‘, wo er mit blitzsauberen Falsettklängen überrascht. In der ersten Hälfte des zwölfminütigen Titelsong ‚erlaubt‘ er sich gar, mit jazzigem Timbre zu hantieren – und klingt tatsächlich plötzlich völlig eigenständig. Mehr davon hätte das Album definitiv noch aufgewertet.

Auch produktionstechnisch ist „The Bride Says No“ deutlich besser ausgefallen als der Vorgänger – und, wenn man das mal so sagen darf, auch als die letzten Alben von Nads „Boss“. Die Gastauftritte von Hackett, Roine Stolt & Jonas Reingold (The Flower Kings), Guthrie Govan (Steven Wilson), Nick D’Virgilio (Big Big Train) oder dem erwähnten Tony Levin (King Crimson) integrieren sich wunderbar ins Gesamtkonzept, und das ganze Album kommt ohne Frickelorgien aus. Die vielen puren Popmomente werden den Prog-Nazis natürlich nicht schmecken, passen aber exzellent zu Nads Stimme und können auch durchweg mehr überzeugen als die Siebziger-lastigen Momente von „The Bride Says No“.

Ein insgesamt recht gelungenes Album, das – vorsichtig – sogar denen ans Herz gelegt werden kann, die Nad Sylvan eher kritisch gegenüber stehen. Wenn der Gute sich beim nächsten Mal noch weiter von der Genesis-Blase löst, kommt eventuell noch ein richtig exzellentes und eigenständiges Album dabei heraus.

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