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The Blinding Dark

Covenant – Innovatoren, Vorbilder; bei allen, die eher düsterer elektronischer Musik zugeneigt sind gelten die Schweden als absolute Inspiration. Das lag zum einen am distinguierten, gebildeteten und immer äußerst beeindruckenden Auftreten in Kombination mit oft zutiefst persönlichen oder philosophischen Texten und elektronischer Musik jenseits jedweger Konventionen. Covenant konnten hart, schnell, rhythmisch, düster, tanzflächig aber auch vertrackt, verspielt, mit zynischem Augenzwinkern oder dem Blick für die ganz breiten Klangwälle. Alben wie „United States Of Mind“ oder „Northern Light“ waren dicht gepackt mit Hits, Melodien für die Ewigkeit und Floorfillern einer Güteklasse die sonst selbst VNV Nation nicht erreichen. In Kombination mit den zutiefst faszinierenden Texten sind Covenant somit immer schon in gewisser Form Vorreiter und Speerspitze des Genres gewesen.

Mit „The Blinding Dark“ haben Covenant nun einen Weg eingeschlagen, der nicht unbedingt vorherzusehen war. Das Album wirkt beim ersten Hören sperrig, besonders düster, zelebriert ein gewisses Unwohlsein. Joakim Montelius hat über das neue Album etwas gesagt, das dieses wirklich perfekt beschreibt:

„Es ist die dystopische Musik der Schatten, die wir alle in uns tragen, bei denen wir aber so oft nicht stark genug sind, sich wirklich mit ihnen auseinanderzusetzen.“

Das ist eine ziemlich exakte Beschreibung der sehr introvertierten Musik und der nicht minder düsteren Texte, die so gar nichts mit Rausschmeißern wie „Dead Stars“ oder „We Stand Alone“ gemein hat. Die Musik sei „

eher durch kalten Zorn als durch sengendes Feuer angetrieben

„. Mit „Dies Irae“ wird die litaneiartige Konzeption des Albums Klang. Immerhin gibt es mit dem fast radiotauglichen und nichtsdestotrotz sehr komplexen „I Close My Eyes“ und dem unterkühlten, aber getriebenen „Cold Reading“ auch tanzbare Stücke, diese sind im Gegensatz zu früher aber in der Minderheit. Verschiedene Einleitungen und Zwischenspiele lassen das Album eher als homogenes Ganzes daherkommen denn als ein Sammelsurium von Tanzflächenfüllern.

Vollkommen und endgültig aus der Reihe tanzen Covenant dann mit der eindringlichen Elektro-Ballade „Rider On A White Horse“ – eine Coverversion des Lee Hazlewood-Klassikers aus den Siebzigern. Ganz zu Ehren des Künstlers, der so viele berühmte Duette, unter anderem mit Nancy Sinatra („Summer Wine“), geschrieben hat, haben Covenant aus dem einstimmigen Original ein Duett gemacht und damit einen der seltsamsten, grossartigsten elektronischen Tracks seit langem vollbracht.

Neben instrumentalen Klangteppichen die der Bezeichnung „Song“ überhaupt nicht mehr entsprechen sondern eher psychedelisch anmutende Vertonungen von Stimmungen sind („Summon Your Spirit“) gibt es viel Nachdenkliches, Düsteres, der Zynismus und der Sarkasmus der Band wird immer finsterer, ein Spiegelbild der Welt, in der die vorherrschende Dunkelheit einen blind macht.

„There is no Berlin Wall to defiantly dance on any more.“

Covenant waren schon immer Koryphäen der anspruchsvollen elektronischen Kunst, mit „The Blinding Dark“ gehen sie aber gleich drei Schritte vorwärts. Der Mangel an Groove mag dem einen oder anderen vor den Kopf stoßen, wer aber hinter diese Vordergründigkeit sieht, erhält einen Blick auf die Welt dahinter. Am Besten mit Kopfhörer, dumpfen Licht und gutem Wein.

„The Blinding Dark“ ist ein Meisterwerk anspruchsvollster elektronischer Musik das keinerlei der üblichen Kompromisse eingeht, sondern seine psychedelische Düsternis voll kühler Wärme verbreitet.

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