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Better Off

Wenn East Cameron Folkcore dieser Tage in Deutschland auf Tour kommen, stehen nicht wenigen Fans unvergessliche Konzertmomente, wenn nicht der Gig ihres Lebens bevor. Denn nur wenige Bands schaffen es so wie die Texaner, die Herzen ihrer Hörerschaft zu erobern und dauerhaft einzunehmen. Mit einem klaren politischen Standpunkt und der zum Maxime gewordenen Besinnung auf das Wesentliche packt die Band uns direkt bei der Seele, fordert unseren Gerechtigkeitssinn, appelliert an unsere Menschlichkeit.

Das war zuletzt beim fast monumentalen Doppelalbum ‚Kingdom Of Fear‘ so und setzt sich fort mit dem aktuellen ‚Better Off‘. Denn das Prinzip der Band ändert sich eben nicht mit der sichtbaren Reduzierung, die das neue Album begleitet. Nur ganze acht Songs sind auf der Platte zu finden, und die Band selbst hat sich auf sechs Mitglieder verschlankt. Dem Sound ist das allerdings kaum anzuhören. Wie um sich selbst ihrer Vielseitigkeit zu versichern, durchläuft die Band in der halben Stunde Spielzeit alles von Punkrock über Folk bis hin zu Blues und Soul. Songs wie ‚Who Do We Think We Are‘ und ‚Darling What Went Wrong‘ beweisen, dass hier Musikerprofis am Werk sind, und über die Sangeskraft von Jesse Moore besteht ja sowieso kein Zweifel mehr.

Eben jene Songs sind aber auch die besten Beispiele dafür, dass East Cameron Folkcore nach wie vor einem überbordenden Arrangement anheimfallen. Sie haben so ausgefeilte Songstrukturen, dass eine klassische Dreierbesetzung aus Gitarre-Bass-Schlagzeug mehr als ausreichend wäre. Manche Kompositionen sind so stark, dass sie durch Brüche und Pausen den Eindruck von zwei Songs in einem vermitteln (‚Dreams Deferred‘, ‚TCB‘). Sicher, irgendwo müssen sich die sechs Bandmitglieder einbringen. Aber ‚Wilderness Of War‘ etwa steigert sich in einen solchen Wust an Instrumenten, dass es schlicht immer undurchsichtiger wird. Sänger Jesse Moore schreit sich wiederum im Titelsong so schön die Seele aus dem Leib, dass ihm die blumigen Country-Melodien drumherum ein viel zu enges Korsett sind.

Die meisten Songs wären sich in einer gewissen Einfachheit oft selbst genug; einige pointierte Akzente von Orgel, Bläser oder Cello würden völlig ausreichen. Aber mit viel Schnickschnack und catchigen Refrains sind sie auf ‚Better Off‘ schlicht überladen. Ihnen täte die Einsicht gut, die East Cameron Folkcore uns in ihren Texten so oft zu vermitteln versuchen: Weniger ist mehr.

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