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Sonic Highways

Da ist es nun also, das neue Foo Fighters Album. „Sonic Highways“ ist Studioalbum Nummer acht in der knapp 20-jährigen Bandgeschichte der Herren um Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl. Begleitet wurde die Veröffentlichung des Albums von einem wohl noch nie dagewesenen PR-Kreuzzug. Vor allem das Konzept, jeden der acht Songs in einem anderen Studio einer US-Metropole aufzunehmen und dies gleichzeitig noch mit einer vielbeworbenen achtteiligen Dokumentations-Serie zu verknüpfen, sorgte für Aufhorchen und teils für den Vorwurf des kommerziellen Ausverkaufs. Grohl, der sich spätestens seit seiner Musik-Dokumentation über das legendäre Sound-City-Studio nicht mehr nur als Musiker, sondern auch Regisseur sieht, ist jedoch zweifellos auch so etwas wie ein Music-Nerd. Und so scheint es recht weit hergeholt, Grohl zu unterstellen, das alles sei lediglich darauf ausgerichtet, das Album besser zu verkaufen. Abgesehen davon, daß das alleine ja noch nicht verwerflich ist, haben Grohl und seine Mannen das kaum nötig. Ausverkaufte Stadien weltweit, zig Millionen verkaufte Tonträger und elf Grammys sprechen eine klare Sprache. Die Foo Fighters sind eine kommerziell erfolgreiche Alternative-Rock-Band. So what? Die Energie der Live-Auftritte und die wundervollen Rock-Hymnen waren immer tadellos. So gesehen ist die ohnehin viel näherliegende und außerdem ungleich spannendere Frage die nach den Akzenten des neuen Albums. Wie sehr entfernen sich die Foo Fighters mit ihrem Städtekonzept und der Zusammenarbeit mit lokalen Musikgrößen von ihrem eigenen Stil? Und in diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Unterschied zum grandiosen Vorgänger „Wasting Light“.

Die Foo Fighters haben es schon immer verstanden, jedes Album wieder etwas anders zu machen ohne dabei ihre Eigenständigkeit, ihren eigenen Sound zu verlieren. Große Melodien, harte Gitarren und die Powerröhre von Dave Grohl bildeten in der Vergangenheit immer das Fundament für all das. Und das ist auch auf „Sonic Highways“ nicht anders. Und trotzdem ist „Sonic Highways“ recht weit entfernt vom vierfach Grammy-gekrönten Vorgänger. Schon bei den ersten Tönen wird das deutlich: Kein astrein hochpolierter Sound, sondern etwas rauh und kantig ist der bereits vorab veröffentlichte Album-Opener ‚Something From Nothing‘. Ebenfalls ungewöhnlich: Der Rhythmus des prägenden Riffs, das sogar von einem Keyboard akzentuiert wird. Die Midtempo-Nummer macht Appetit, vor allem weil Grohl seine Power-Stimme im Laufe des Songs steigert. ‚The Feast And The Famine‘ ist mit seinem catchy Refrain und dem typischen Foo-Gitarrensound ein vertraut klingender Song – aber auch hier ist die Produktion kantiger als auf früheren Alben. ‚Congregation‘ ist ’ne launige Semi-Ballade – typisch Foo Fighters. Das kann man von der Doppelnummer ‚What Did I Do?/God As My Witness‘ nicht behaupten. Hier haben sich die Gentlemen einmal mehr vor allem was den Sound und die Produktion betrifft, weit von Bisherigem entfernt. Natürlich klingt Grohls Stimme unverkennbar und auch die wundervollen Harmonien erinnern an früheres, aber damit endet das Vertraute fast schon. Der Titel hat den charmanten Touch von Garagenrock – und das soll nicht despektiertlich gemeint sein. ‚Outsider‘ zelebriert ihn weiter, den rauhen, ungeschliffenen Sound – der nochmals etwas weniger nach den berühmten Herren klingt. Und der der erste Titel ist, der zumindest etwas dahinplätschert. Zumindest wenn man an frühere Power-Rock-Hymnen denkt. ‚In The Clear‘ ist beim Text einfach gestrickt – bei der Kurzweiligkeit ist der Song eindeutig wieder um einiges besser als die Nummer zuvor. ‚Subterranean‘ ist eine echte Vollblut-Ballade, mit Streichern oder Streichersamples und in dieser Art bisher von den Foos auch noch nicht gehört worden. Mit ‚I Am A River‘ endet das Album mit dem längsten Song mit über sieben Minuten und einer erneuten Überraschung. Der Song fließt mit Synthesizer-Klängen an, was dem Titel alle Ehre macht und transportiert eine Stimmung, die man bisher wohl kaum mit der Band verband. Mit zunehmender Länge wird eine gelungene symphonische Rock-Ballade daraus, die im Mainstream durchaus absolutes Hitpotential hat. Mit echten Streichern!

Ich kann verstehen, wenn Die-Hard-Fans der Band das neue Album enttäuschend finden. Nicht weil es ein schlechtes Album ist, sondern weil es bei allen Trademarks der Band ziemlich anders klingt als das bisher Dagewesene. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und möchte von seiner Lieblingsband eben immer wieder das gleiche tolle Album haben. Mehr ‚Learn To Fly‘, mehr ‚Monkey Wrench‘, mehr ‚Breakout‘, mehr ‚M.I.A.‘ und auch mehr ‚Walk‘. Obwohl die Band das Gefühl für die großen, gelungenen Rock-Kracher-Melodien deutlich erkennbar nicht verloren hat, variiert sie ihren Stil zumindest mit diesem Album weg von den großen Stadion-Rock-Nummern. Das dürfte bei dem eingangs erwähnten Konzept des Albums eignentlich keine allzu große Überraschung darstellen. Zudem ist der Band mit Sicherheit anzurechnen, daß sie sich weiterentwickeln will, und sei es nur aus bloßem Eigennutz. Ich persönlich finde es gar respektabel und auch couragiert. Trotzdem kommt „Sonic Highways“ für meinen subjektiven Geschmack nicht an den Vorgänger „Wasting Light“ heran, der zugegeben sehr, sehr groß war, für viele gar das beste Album der Band überhaupt. Eins ist sicher: Die Foo Fighters bleiben auch mit diesem Album eine der größten und besten Rockbands da draußen. Und wer das neue Album nicht mag, kann ja auf einen durchaus überragenden Backkatalog zurückgreifen. Oder die Herren live bewundern.

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