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Self Worth

There’s a lack of respect, lack of respect between you and me.

Diese Erfahrung machen in Zeiten von anonymisierten Kommunikationsformen, ungezügelter Mitteilungsflut und Hatespeech viele, vor allem junge Menschen tagtäglich. Aber nur wenige sprechen es so explizit aus und gehen dagegen an, wie Mourn es auf ihrem neuen Album tun. „Self Worth“ (Captured Tracks), das eigene Selbstwertgefühl ist es, worum es schließlich geht und was hier mit jedem einzelnen Song neu erkämpft wird.

Damit haben die drei Damen, die sich in ihren frühen Zwanzigern befinden, schon mehr vom Leben verstanden, als so manche Vertreter ihrer Elterngeneration. Und genau deswegen sollte die Band aus Katalonien über alle Altersgruppen hinweg erhört werden. Sicher, es gibt auf dem Album auch Zeilen wie „I’d rather die a thousand times before letting you know how I feel about you“ oder gar „I don’t wanna be a failure and disappoint my parents“, die nur bei einem Teenager-Publikum die gewünschte Wirkung erzielen. Ähnliches gilt für das Bedürfnis an Selbstdarstellung und die überzogene Dringlichkeit, die in einer 24-fachen Wiederholung der Worte „I’m in trouble“ kulminiert.

Aber darauf sollte „Self Worth“ nicht reduziert werden. Eine trotzige Antihaltung ist auf jeden Fall besser, als alles stumpf abzunicken. Klar zu sagen, was einem nicht passt oder warum es einem nicht gut geht, ist unbedingt wichtig, aber keineswegs einfach – auch nicht mit reicher Lebenserfahrung. Die Drei von Mourn können das aber ganz ausgezeichnet. Außerdem steht hinter „Self Worth“ ein sehr selbstbewusster Feminismus. Und nebenbei ist „The Tree“ philosophisch genug, um eine Weile bei ihm zu verweilen.

Nicht zuletzt steckt in der Überzeugung, dass sich die Welt um einen selbst dreht und alles eine Bedeutung hat, sowie in der Absolutheit der eigenen Weltsicht eben auch der Antrieb für die jugendliche Revolte, die „Self Worth“ zu einem frischen Album macht. Musikalisch wirken die drei Spanierinnen wesentlich reifer als in ihren Texten. Ihre Experimentierfreude endet nicht im Überschwang oder Chaos, sondern in durchdachten progressiven bis mathigen Tunes. Ihre Mischung aus Unbekümmertheit und dem unbedingten Willen, ernstgenommen zu werden, bringt äußerst interessante Songstrukturen hervor.

Und so ist „Self Worth“ eine Art Coming-of-Age-Platte. Vielleicht werden den drei Frauen manche Passagen später mal peinlich sein. Aber Musik ist, wie das Leben, ein Prozess. Mourn durchlaufen ihn erhobenen Hauptes, sind stark und zeigen Gefühl. Und was raus muss, muss schließlich raus.

 

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Cargo Records

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