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Satori

Vor fast genau 30 Jahren feierten die britischen Anarcho- und Squatter-Punks Axegrinder die Auferstehung der „Serpent Men“. Düster walzende Crust-Punk-Evergreens wie ‚Hellstorm‘ oder ‚Life Chain‘ setzten zusammen mit den Kollegen von Amebix neue Standards und eine weitere Ausprägung dieser Spielart neben dem D-Beat-Dooms, der thrashigen Alternative von Hellbastard und dem klassischen Anarcho-Punk Antisects. „Rise Of The Serpent Men“ ist inzwischen ein unsterblicher Klassiker und Axegrinder Kult. Aus vielen Gesprächen zwischen den Originalmitgliedern Steve und Trevor entstanden nach vorsichtigen Neuaufnahmen alter Kracher tatsächlich neue Songs, die sich auf dem zweiten, nicht mehr erhofften Album „Satori“ wiederfinden.

Wer „Rise“ kennt – und mit Sicherheit liebt – der wird sich freuen, dass der Zahn der Zeit dem typischen dunklen und dumpfen Sound mit den schneidenden Gitarren und Trevors kehlig-gepressten Vocals den Londoner Punks nichts anhaben konnte. Schließlich haben Steve und Trevor die Songs im eigenen Heimstudio in Eigenregie aufgenommen, wo ihnen niemand hineinreden konnte. Musikalisch hat sich aber schon etwas getan im Songwriting. Die neuen Songs sind zwar noch schleppende Rostnägel, aber längst nicht mehr so ungestüm und aufbrausend. Sie verbreiten eine psychotische Stimmung, die einen entweder fesselt oder abweist. Axegrinder arbeiten vermehrt mit Mantra-ähnlichen Wiederholungen in Text und Rhythmus und erzeugen so ein Gefühl von Wahn und Manie. Aber die typischen akustischen Passagen mit Sprechgesang haben sie in ihr zweites Album hinüber gerettet. Samples und der Einsatz einer Frauenstimme mit erzählerischen Motiven sorgen für einen zeitgemäßen Stempel. Nach einem sphärischen Intro folgen acht Songs mit einer Länge zwischen fünf und sieben Minuten, die einen in eine Zwischenwelt aus typischem Crust Punk umrandet von Joy Division und Killing Joke entführen. In diesem Zuge ergibt auch der Titel „Satori“ einen Sinn, denn übersetzt bedeutet er in etwa „Verstehen“ und ist der buddhistischen Philosophie entnommen.

Axegrinder predigen nicht mehr den Untergang, sondern sinnieren über das Schlechte in der Welt als integraler Teil der menschlichen Natur. Ungewöhnlich ist das Artwork mit seinen magentafarbenen Klecksen, was so rein gar mit der Schwarz-Weiß-Ästhetik des Crustpunks in Einklang zu bringen scheint. Doch es spiegelt die neuen Axegrinder wieder, die getreu der Punk-Ethik ihr eigenes Ding durchziehen und nicht mit irgendwelchen Marketing-Tricks herumhantieren. Das überlassen sie voller Weisheit den Kollegen von Discharge und ihrer Hochzeit mit einen Metal-Major.

Musikalisch trennen die beiden Alben keine dreißig Jahre. Im Gesamteindruck sehr wohl. Und das ist gut so. Mit „Satori“ entwickeln Axegrinder ihren ureigenen Stil weiter, wirken reifer und nachdenklicher, aber auch bedrohlicher und sind bereit, endlich die Welt zu erobern. Crusties, watch out!

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