Roadkill BBQ
Ab wann wird das Tributzollen zum Abkupfern? Diese Frage wirft das dritte Album der Nitrogods mehr als einmal auf.
Einerseits machen die drei Jungs so oder so nicht unbedingt die originellste Musik der Welt. „Klingt wie Motörhead“ beschreibt den Sound der ersten beiden Alben ziemlich umfassend und lückenlos. Die gute Nachricht ist, mit „Roadkill BBQ“ gibt es auch eine gewisse Öffnung zu anderen Bands, die der Band nach als Tribut an ihre Helden zu verstehen ist. So klingt der Titelsong mit absoluter Genauigkeit (vom Gesang natürlich abgesehen) wie ein verlorener Status Quo-Song der „Piledriver“/“Hello!“-Ära. Ebenso deutlich kopiert „My Love’s A Wirebrush“ die ersten beiden Rose Tattoo-Scheiben oder ‚The Price Of Liberty‘ den schleppenden Psycho-Blues von Ted Nugent, inklusive dessen Spielstil im Gitarrensolo. ‚Where Have The Years Gone‘ hingegen ist ein Puzzlespiel aus Spätsechziger Pete Townshend-Riffs und Keith Moon-Breaks. Nach Motörhead klingt die Band eh immer, aber ob man das prägnante Drumintro von ‚The One To Sing The Blues‘ unbedingt so dreist mopsen muss wie hier in ‚Wheelin“, ist dann doch fraglich.
Was soll man also mit solch einem Album machen? Einerseits geht das Ganze live mit Sicherheit gut ab, wie bei Vollprofis wie Klaus Sperling und Henny Wolter nicht anders zu erwarten. Andererseits beginnt das ständige Klonen und Klauen spätestens nach dem zweiten Hören ein wenig zu nerven. Und, wir reden hier nicht von „ein wenig beeinflussen lassen“, sondern eben davon, bewußt Songs exakt im Stil einer Band zu komponieren und dafür Licks, Breaks, Melodien und Riffs zu mopsen. Wäre ja alles noch verzeihlich, wenn die Nitrogods zumindest annähernd auf dem Niveau der Vorbilder agieren würden. Tun sie aber leider nicht, die Songs bleiben stilistische Fingerübungen, die zwar – auch aufgrund der fetten Produktion – ordentlich Power haben, aber nach ihrem Verklingen sofort wieder vergessen sind. Ein weiterer Nachteil des „Alles-schonmal-gehört“-Effektes ist eben, keine Duftnoten zu hinterlassen – und ohne die hat’s eine Rock’n’Roll-Band eben verdammt schwer. Denn gerade im schmutzigen Rock’n’Roll, wo eh nicht viel Raum für Experimente bleibt, zählt eben der eigene Charakter und die unverwechselbare Attitude umso mehr. Und auch ein Oimel wird nie ein zweiter Lemmy, egal wie sehr er sich auch anstrengt, ihn in allen Belangen zu kopieren.
Wenn eine Band beim dritten Album immer noch nicht in der Lage ist, eine auch nur annähernd eigene Identität vorzuweisen, wird das wohl so bald nix mehr mit einem Platz im Rock’n’Roll-Olymp. Wer sich freilich an der fehlenden Originalität nicht stört und alles kauft, was drei Akkorde und die Amps auf 11 bietet, der darf „Roadkill BBQ“ gerne eintüten. Der Rest soll erst mal ausgiebig bei den Originalen oder bei originelleren Nachlassverwaltern zugreifen. Das Abkupfern geht hier dann doch definitiv ein wenig zu weit, weshalb mehr als eine 3- – per Definition gerade so noch „befriedigend“ – leider nicht drin ist.