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InnerWish

1995 gegründet gehören die Griechen Innerwish seit ihrem Debüt 1998 zu den Mitgestaltern der zweiten Metalwelle, die durch das legendäre „Glory to the Brave“-Album von Hammerfall ausgelöst wurde. Allerdings dauerte es ein paar Jahre, bis man durch die beiden Nachfolgeralben „Silent Faces“ (2004) und „Inner Strength“ (2006) doch noch auf diese eher im Underground agierende Band aufmerksam wurde. Aber spätestens seit ihrem letzten Album „No Turning Back“ (2010) ist Innerwish ein Begriff für Freunde von Bands der Marke Hammerfall, Primal Fear, Brainstorm oder Iced Earth geworden. Seither sind nahezu sechs Jahre vergangen, in denen die Band vor allem auch die Trennung von Sänger Babis Alexandropoulos, der sich ganz auf seine Karriere als klassischer Tenor ausrichten wollte, verarbeiten musste.

Was nach der ersten, umgehend die Haare nach hinten pustende Gitarrensalve sofort auffällt, ist der neue Mann am Mikro: Bedeutete Babis Alexandropoulos ein schmerzhafter Verlust, so stellt George Eikosipentakis mit seiner noch versierteren Stimme klar, dass er ein absoluter Glücksgriff ist. Dieser Mann, der vor allem in den tieferen und raueren Tonlagen desöfteren an den unvergleichlichen Russell Allen von Symphony X erinnert, verleiht dem ohnehin schon gewohnt herausragenden Sound von Innerwish den ultimativen Qualitätsschliff. Doch damit noch lange nicht genug. Denn was die sechs Hellenen hier mit ihrem Album vorlegen, ist im wahrsten Sinn des Wortes monumental! 13 Songs bei einer Spielzeit von 67 Minuten sind zwar alles andere als Fastfood-Kost, doch wenn man qualitativ dermassen königlich verpflegt wird, geniesst man jeden Augenblick davon in vollen Zügen, um dann nach einer gehörigen Verdauungspause wieder von vorne zu beginnen.

So werden die Nackenmuskeln mit dem Opener ‚Roll the Dice‘ schon mal gehörig aufgewärmt, um sie dann bei ‚Broken‘, zusätzlich mit Luftgitarre ausgerüstet, ausgiebig zu verwöhnen. Nun könnte man diese Formel über die gesamte Albumlänge durchziehen und es würde nicht langweilig, denn das Songwriting ist selbst bei diesen einfachen Songs bis ins letzte Breakdetail durchdacht. Aber Innerwish drosseln das Tempo und stampfen mit ‚Modern Babylon‘ und ‚Machines of Fear‘ zwei Hymnen aus dem Boden, bei dem die Faust unweigerlich in die Luft gereckt wird, um dann mit dem nachfolgenden ‚Needles in my Mind‘ gekonnt sogar bis ins Hardrock-Gefilde auszuwandern. Spätestens hier wird klar, welche Vielfalt an Pfeilen sich im Köcher befinden. Und jeder dieser Pfeile trifft ins Schwarze! Seien es simple, von Innerwish ohnehin bereits gewohnten Power Metal-Kracher mit hohem Melodiefaktor wie ‚My World on Fire‘, ‚Rain of a Thousand Years‘ oder ‚Sins of the Past‘, der schleppend-melancholische Reisser ‚Through my Eyes‘, das progressiv angehauchte ‚Serenity‘, die akustische Perle ‚Cross the Line‘ oder der bombastisch-symphonische Abschlusstrack ‚Tame the Seven Seas‘ – geboten wird durchweg hochkarätiges, ja referenzwürdiges Material. Im Bereich des Melodic Metal dürfte das neue Material seinesgleichen suchen und in dieser Vielfalt und dem gebotenen Niveau neue Massstäbe setzen. Das Geheimrezept liegt einer dezent mediterran-folkloristischen Note zugrunde, welche in Songs wie ‚Broken‘, ‚Through my Eyes‘, ‚Needles in my Mind‘, ‚Zero Ground‘ oder ‚Cross the Line‘ etwas ausgeprägter zur Geltung kommt und Innerwish damit einen eigenwilligen Soundcharakter verleiht.

Um es kurz auf den Punkt zu bringen: exzellent, umwerfend, schlicht meisterhaft! Statt auf Nummer Sicher zu gehen und folglich ein eher formloses Standardwerk mit den bewährten, qualifizierten und beliebten Attributen rauszuhauen, nehmen die Herren ihr Werkzeug selbstbewusst in die Hand und schaffen damit voller Leidenschaft ein regelrechtes, in Stein gemeisseltes Denkmal, welches jeden griechischen Metaller mit Stolz erfüllen und jeden Anhänger von traditionell ausgerichtetem Metal begeistern wird. Das Jahr ist zwar noch jung, doch jede Scheibe im Bereich des Melodic Metal wird sich im 2016 an diesem Referenzwerk von Innerwish messen müssen. Standing Ovation!

(geschrieben von Rosario Fazio)

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