Desperate
„Desperate“, verzweifelt also. Wie verzweifelt muss man sein, um die Heimat zu verlassen und in eine unbekannte Zukunft aufzubrechen. Nun, wirklich verzweifelt waren die Barb Wire Dolls sicher nicht, als sie vor sechs Jahren die Künstlerkommune auf der griechischen Insel Kreta verließen und dem Ruf des Rock’n’Rolls nach Los Angeles folgten. Wenn dann das zweite Album der Dolls auch noch vom Lemmy-Label Motörhead Music verlegt wird, ist das auch kein Grund zur Verzweiflung, auch wenn Songtitel wie ‚Drown‘, ‚Heart Attack‘ oder ‚Blind To Your Misery‘ auch eher negativ klingen.
Die Musik und Auftritte der Barb Wire Dolls sind gekennzeichnet von unbändiger rotziger Punkrock-Energie, der gekonnten Verschmelzung von Punk mit Metal und einer unbändigen Spielfreude. Schon die eröffnenden jaulenden Gitarren geben die Marschrichtung vor: „Desperate“ ist ein schnelles melodisches Hardrock-Album geworden, das immer wieder den Spagat zwischen wildem 90er Punk und einer gehörigen Portion hart rockendem Grunge.
Auf „Desperate“ tummeln sich zehn Songs mit Ohrwurm-Charakter, so überzeugen ‚Drown‘ und ‚Take Me Home‘ beispielsweise mit ihren Killer-Hooklines, die sich schnell im Gehörgang festsetzen. Aber nicht alle Tracks zünden sofort, so braucht gerade der Titelsong des Albums ein paar Durchläufe. Auch wird das Tempo durchaus mal zurückgenommen, was vielleicht nicht der Vollgas-Punkrock-Attitüde entspricht, aber unterm Strich für Abwechslung sorgt. Girlschool und Sex Pistols treffen auf Motörhead. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Band um die Sängerin Iris Doll noch eine große Karriere vor sich hat.
Sind die Barb Wire Dolls nun Punk, sind sie Hardrock, Metal oder gar Grunge? Die Griechen aus den USA bieten eine bunte Palette der genannten Stile, verknüpfen die Genres zu einem homogenen Ganzen und machen mit „Desperate“ vor allen Dingen eins: Spaß. Und das ist doch die Hauptsache im Punkrock, oder? Also kein Grund zum Verzweifeln.