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Radio Birds – Dem Verbot zum Trotz gelärmt


Heute ist der Auftakt zur ersten Europatour. Deutschland, Schweden, die Niederlande und Belgien, Frankreich und schließlich Spanien stehen auf dem Tourprogramm der vier Jungs aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia. The Radio Birds haben sich einer energetischen Mischung aus 70er-Jahre-Retro-Rock, ein paar bluesigen Southern-Rock-Elementen und kernigem Roots-Rock verschrieben. Auf ihrer eingangs erwähnten aktuellen Platte präsentieren sie den Mix mit Hingabe und viel Abwechslung. Man darf also gespannt sein, wie das gerade erst am Vortag aus den USA angereiste Quartett die Zeit- und Wetterumstellung verkraftet hat und ob es gelingt, den frierenden Bremern bei klirrenden Minusgraden in den verschneiten Straßen ein wenig Südstaaten-Wärme um die Ohren zu blasen. Vorhin gab es noch Eisregen und gefährliche Glätte in und um Bremen. Dennoch haben sich eine ganze Menge mutiger Bluesrock-Fans in die „Meise“ gewagt, um dem Europadebüt der Radio Birds zu lauschen.

Radiobirds4.jpg „“Blasen und Lärmen“ ist laut einem Schild an der Bühne des Bluesclubs verboten, aber so richtig hält sich eh keiner der musikalischen Gäste daran. Auch heute wird wieder ziemlich gelärmt – aber natürlich im positivsten aller Sinne. Als die vier Amerikaner aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia um halb neun die kleine Bühne des Clubs betreten und mit kernigen Südstaaten-Riffs das Konzert eröffnen, dürfte so mancher, der die enorme musikalische Bandbreite der Radio Birds nicht kennt, noch mit einem klassischen Southern-Rock-Abend rechnen. Aber weit gefehlt, denn das Quartett bewegt sich stilistisch weit gefächert zwischen Southern- und Classic-Rock, verschmilzt Roots mit Blues und Folk, Country mit Psychedelic Rock, 70er-Jahre-Vibes mit Alternative. Dabei fällt vor allen Dingen die raue und sehr prägnante Stimme des Frontmannes Justin Keller positiv auf. Man hat fast Angst, dass der gute Mann heiser sei. Aber es geht ihm gut, und er verleiht den Leadvocals einen herrlich rauchigen „Southern Touch“. Bassist Chase Lamondo ist der agilste der Truppe und darf im Verlauf des Abends immer wieder herumspringen.

Radiobirds1.jpg „Das naturgemäß eher zurückhaltende Bremer Publikum dankt der Band ihren Einsatz schon schnell. Zwar wäre es zu viel verlangt, wenn vor der Bühne getanzt würde, aber anerkennendes Nicken bei eine kühlen Bier und lautstarker Applaus sind hier tatsächlich ein gutes Zeichen. Die musikalische Mischung aus Retro-Rock und ein paar blueslastigen Grooves überzeugt schnell. Beim dritten Song des Abends ‚Time For A Change‘ überzeugen alle vier Musiker durch perfekt aufeinander abgestimmten Harmoniegesang, wie es überhaupt interessant ist, dass alle vier sich immer wieder die Gesangsparts aufteilen und damit laufend neue Akzente setzen.

Der Schwerpunkt bei der Songauswahl des Abends liegt naturgemäß beim neuen Album „Live“, das offiziell erst im März erscheint, aber ab sofort exklusiv auf der Tour erhältlich ist. Bei der am Silvesterabend des Jahres 2016 im heimischen Atlanta aufgenommenen Platte handelt es sich nicht einfach „nur“ um einen Live-Mitschnitt, sondern enthält die Scheibe auch jede Menge brandneuer Songs. Eine Menge davon werden zum heutigen Tourstart vorgestellt, so zum Beispiel die starke Nummer ‚Heaven’s On Fire‘. Justin Keller erklärt, dass der Titel zur amerikanischen Präsidentschaftswahl 2016 geschrieben wurde: „Heaven’s on fire / the levee is bound to break“.  

Radiobirds2.jpg „Heute ist das erste Konzert der anstehenden Europatour, und die Band ist noch nicht ganz perfekt aufeinander eingespielt. „We are not perfect“, stellt auch Justin Keller fest, als er sich in der Setlist irrt und die falsche Gitarre für den nächsten Song einstöpselt. So etwas passiert halt und hat auch heute niemanden weiter gestört, denn die Radio Birds beweisen, dass sie abwechslungsreiche und ehrliche Rockmusik spielen können und sowohl bei längeren Instrumentalpassagen mit groovenden Jams als auch und insbesondere bei der stimmlichen Performance zu einer der spannendsten Szenebands gehören und der Besuch der Tour für Southern-Rock-Fans ein absoluter Pflichttermin ist.

Mit den stimmigen Balladen ‚Wait For Me In The Fall‘ und ‚Miss Ilene‘ vom letzten Studioalbum wird zwischendurch für etwas Schunkel-Stimmung gesorgt, bis das Tempo nach diesen zwei wunderbaren ruhigeren Nummern natürlich noch einmal angezogen wird.

Radiobirds3.jpg „Mit ‚Gamble On The Horses‘ findet das Konzert nach rund 90 Minuten einen würdigen und packenden Abschluss. Einziger Wehrmutstropfen: Als die Band danach die Bühne verlässt, rechnet wohl jeder mit zumindest einer Zugabe, die auch lautstark gefordert wird. Aber die Radio Birds machen es sich schon am Merch-Stand gemütlich, um mit ihren Fans zu plaudern und Autogramme auf Postern und CDs zu geben. Damit ist das Ende des Konzertes leider etwas abrupt ausgefallen und wirkt zu plötzlich. Hier müssen die Amerikaner auf ihrer ersten Europatour noch etwas üben und nachbessern, dann steht einer erfolgreichen erste Europatour nichts mehr im Wege. Wir wünschen dabei viel Spaß und hoffen, diese zwitschernden Radiovögel bald wieder zu sehen.

Setlist Radio Birds, Meisenfrei Bremen, 18.01.2017

Mississippi Queen
Amelia
Time For A Change
Murky Waters
Bound To Fall
Hold On Me
Ease My Mind
Any And All
Don’t Do It (The Band Cover)
Heaven’s On Fire
Get It Right
The Beast
Uptown Girl
Wait For Me In The Fall
Miss Ilene
Hey Hey
Gamble On The Horses

Bericht und Fotos: Michael Buch

Eine Fotostrecke zum Konzert findet Ihr auf unserer Facebook Seite, weitere Bilder gibt es auch auf unserem Instagram Account.

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