Notgemeinschaft Peter Pan

Gibt es das richtige Leben im falschen? Wenn man das neue Album der Notgemeinschaft Peter Pan hört und das mehrfach und sich zudem noch Einiges dessen annimmt, was es zu vermitteln hat, dann ist man schonmal auf einem guten Weg dorthin.

Denn von ihrem konsequentem 4-Akkorde-Geschrammel, überhöhtem Spieltempo und ungenierten Gesangspraktiken abgesehen, praktizieren die Herren aus Hamburg genau das, was eine gute Punk-Band ausmacht: Sie heben den Zeigefinger und bohren ihn tief ins kollektive Gewissen. Sticheln in unserer Bequemlichkeit, pieksen die faulen Ausreden zu Boden, fordern nicht nur einen klaren Standpunkt, sondern bewusstes Handeln.

Aus der Szene für die Mittelschicht, so soll das Album seine Wirkung entfalten. Wer wissen will, was progressive Menschen, die Linke wenn man so will, in Deutschland aktuell bewegt, der ist schon mit dem Opener ‚PROtestsong‘ ganz gut ins Bild gesetzt. Rechtsruck, Integration von Zugezogenen, überkommene Geschlechterbilder, übersteigertes Konsumverhalten: Die Notgemeinschaft hat sich selbst ein klares Mandat erteilt, die Themen konstruktiv durchzudiskutieren.

Und das passiert ihrerseits auf hohem Niveau. Die Texte sind viel zu komplex für stumpfe Deutschpunk-Phrasendrescherei. Das Album ist eher eine Art Lehr-Kanon für kritisches Denken und Problembewusstsein der heutigen Zeit, sämtlich im schönsten und politisch gern korrektem Feulliton-Deutsch verfasst. Das gewählte Genre bringt es mit sich, dass uns das mit einer Geschwindigkeit ins Ohr gehämmert wird, bis Einem der Kopf schwirrt. Doch mit ‚Kleine Motivationshilfe‘ winkt auch ein schöner Lob-Lohn.

Das dritte Album der Notgemeinschaft Peter Pan ist intensiv und fordernd, lehrreich und anspornend. Zuviel der Agitation? Nun, einfach mal drauf einassen! In sich gehen und kritisch prüfen, wieviel man davon selbst doch eigentlich umsetzen müsste. Schließlich ist der Zeigefinger, der mahnend, wenn auch ein bisschen altklug rumwackelt, immer noch besser als der, der sinnlos in der Nase bohrt.

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