Joy As An Act Of Resistance

Nein, es geht hier nicht fröhlich zu. Das würde auch stark verwundern. Die Welt ist schließlich nicht besser geworden, seit Idles ihr Debüt ‚Brutalism‘ vor gut einem Jahr veröffentlichten. Und deshalb bleibt auch auf ‚Joy As An Act Of Resistance‘ die Wut das vorherrschende Gefühl.

Trotzdem ist der Albumtitel sehr ernst gemeint. Dass hinter aller Aggression, die in der Musik wie in den Texten der Band aus Bristol steckt, auch der trotzige Wille zur Heiterkeit steht, zeigen nicht nur gewitzte Textzeilen wie ‚Islam didn’t eat your hamster.‘ (‚Great‘) Ganz bewusst hat sich Frontmann und Texter Joe Talbot entschieden, für das zweite Werk der Band die Verbissenheit des Debüts zu mäßigen und, unter Beibehaltung unbedingter Ehrlichkeit, die Freude am eigenen Dasein zur Prämisse zu machen. Mit dem Claim, der zum Albumtitel wurde, fand er schließlich die perfekte Umschreibung dafür, was er mit der neuen Songsammlung ausdrücken wollte. ‚It is that bravery to freely express yourself that so terrifies the tyrants‘, lässt er begleitend dazu verlauten.

Befreit, ausgelassen – im brutalen Sinne des Wortes – und impulsiv war ‚Brutalism‘. Die Songs von ‚Joy As An Act Of Resistance‘ präsentieren sich nicht mehr ganz so giftig. Es ist nicht mehr der unbedingte Befreiungsschlag, der sie antreibt. Die Songstrukturen sind nun durchdachter, überraschen mit unbequemen Brüchen und, wer hätte das erwartet, scheuen sich nicht vor eingängigen Refrains und einem gewissen Mitsingfaktor.

Nicht preisgegeben wird hingegen der treifende Sarkasmus, der so charakteristisch für die Idles ist. Es gibt reichlich missbilligende Anspielungen auf die Mainstream-Pop-Kultur, und mit ‚I’m Scum‘ gibt sich Talbot lustvoll der Selbstbezichtigung hin, mit der all Denen der Wind aus den Segeln genommen wird, die sich pikiert abzuwenden pflegen. Mit Dada-Elementen wird überkommenen Konventionen und Rollenmodellen eine Abfuhr erteilt (‚Love Song‘, ‚Never Fight A Man With A Perm‘), während das Bekenntnis zur Zuwanderungsgesellschaft (‚Danny Nedelko‘) völlig ernst zu nehmen ist.

Dieser Sarkasmus mag im ersten Eindruck verbittert und abgegessen wirken. Allein, das Motiv dahinter ist: Liebe. Ablehnung ist zwar wieder ein wichtiges Motiv auf der Platte. Aber im Vordergrund steht der Appell an Zusammenhalt, an absolute Toleranz und gegenseitiges Verständnis. An die Liebe zu unseren Nächsten und, vor allem, zu uns selbst: ‚Love yourself!‘, lautet die klare Aufforderung von ‚Television‘. ‚The bastards make you not want to look like you‘, analysiert Talbot weiter und empfielt, Spiegel und Fernseher kurzerhand zu zertrümmern.

Als ein deutliches Statement gegen Ignoranz, Dekadenz, Rassismus, Männlichkeitsideale und Selbstabwertung bleibt ‚Joy As An Act Of Resistance‘ in bester Idles-Manier das, was ‚Brutalism‘ schon war: ein wütender Slap in the face. Und eben der Aufruf zu widerstehen. Das abschließende ‚Rottweiler‘, das sich wie ein eben Solcher gebärdet, bildet mit dem Opener ‚Colossus‘ eine perfekte Klammer aus Empörung und Arschtritt: ‚Keep fuckin‘ going! Smash it, burn it, destroy!‘

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