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Indiscreet 30

Warum kommen immer noch Bands auf die Idee, ihre alten Klassiker, die sie damals mit großem Budget in ihrer Hochphase in legendären Studios aufgenommen haben, Jahrzehnte später im digitalen Heimstudio nochmal einzuspielen? Das klang bei Twisted Sister genauso unnötig wie bei Kiss und Journey, und auch FM haben mit der 2016er Neueinspielung des kompletten Debütalbums „Indiscreet“ alles Andere als ein zwingendes Album veröffentlicht.

Bei FM ist es allerdings vielleicht noch ein wenig unverständlicher. Denn im Gegensatz zu obengenannten Acts sind die Briten immer noch ein fleißiger und kreativer Act, der im Jahrestakt coole Alben veröffentlicht. Natürlich ist die Qualität der Songs und der Musiker auch auf „Indicreet:30“ über jeden Zweifel erhaben. Das originale „Indiscreet“ (hier um die damalige Non-Album-Single ‚Let Love Be The Leader‘ erweitert) ist eines der besten AOR-Alben aller Zeiten und Steve Overland auch dreißig Jahre nach Erstveröffentlichung noch einer der besten Sänger des an großen Stimmen nicht gerade armen Genres. Die Songs sind kompetent eingespielt, die Gitarren vielleicht etwas lauter im Mix als 1986, ansonsten wurde alles bis zu den Keyboardsounds und Effekten exakt kopiert. Trotz aller Mühe fügt jedoch keine der Neuversionen dem Original irgendwelche neuen Facetten hinzu oder klingt gar „besser“ – ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß irgendwer in Zukunft lieber dieses Teil als das Original auflegen wird.

Neben den Neueinspielungen gibt es ja aber noch großzügige sechs Bonustracks. Davon ist allerdings nur einer neu und somit essenziell – und das ärgert dann schon wieder. Denn besagtes ‚Running On Empty‘ ist eine großartige, typische FM-Hymne mit Ohrwurmrefrain und somit definitiv etwas, was man sich als Fan gerne in die Sammlung einreihen würde. Der Rest der Stücke (darunter das clevere und eigenständige Ozzy-Cover ‚Shot In The Dark‘) stammt hingegen von diversen EPs der letzten Jahre – die freilich allesamt nach wie vor problemlos erhältlich sind und bei echten Fans sowieso schon im Regal stehen. Und, ganz ehrlich, wer außer den harten Fans interessiert sich denn ansonsten noch für eine neue FM-Scheibe? Und gerade diese echten Fans sollen für das Ding wegen einem einzigen Song nochmal in die Tasche greifen?

Eine Kaufempfehlung kann ich somit – außer an Allessammler – leider nicht aussprechen. Für’s gleiche Geld gibt’s nämlich immer noch das Original-Album in der Deluxe-Reissue-Version (mit 18 Bonustracks!), die DVD „Indiscreet: Live 2012“ (quasi das Gleiche, nur in Live) – oder das letzte Album „Heroes And Villains“, das beweist, daß FM solche Abzocke eigentlich nicht nötig hätten. Als Bonus einer regulären Veröffentlichung hätte das Material womöglich seine Berechtigung, als eigenständiges Album definitiv nicht.

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