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Here It Comes

Was haben wir lange gewartet! Fast wären sie in Vergessenheit geraten. Diese vier jungen Herren, die eigentlich schon seit 2008 zusammenspielen und nun nach ewiger Probephase ihr Debüt in die Startlöcher stellen. Dunkel ist die Erinnerung an die Prototyp-Engländer von Life In Film und ihre Nummer ‚Alleyway‘, die sie 2010 für Burberry Acoustics aufnahmen: typische Indie-Friese, Streifenshirts und Vintage-Pullover vom Opa. Viel Gitarre, Rhythmus und noch mehr Gitarre. Eine Indie-Band aus dem Bilderbuch eben.

Tatsächlich sind bereits fünf Jahre vergangen. Während manch eine Band nach so viel verstrichener Zeit in einer Sinnkrise eingeht, versuchen Life In Film jetzt Altes und Bewährtes zu verkaufen. Zurück auf den Pfaden des Gute-Laune-Pops setzt sich allein die Hälfte des Albums aus längst bekanntem Material zusammen. Die Hoffnung liegt nun in den grauen Zellen. Dann fällt dem einen oder der anderen eventuell noch ein, schon damals in der Indiedisko das Tanzbein zu ‚The Idiot‘ geschwungen zu haben.

Unter der Fuchtel von Stephen Street, der schon für Erfolge von Größen wie Blur und Morrissey verantwortlich war, sind zwölf lupenreine Popsongs entstanden. Kurze Up-Tempo Nummern (‚Set It Off‘) wechseln sich mit nachdenklichen Balladen (‚Carla‘) ab. Ohrwurmpotenzial ist dank der quirligen, mitreißenden Refrains genauso vorhanden wie das kaum zu unterdrückende Wippen mit dem Fuß, wenn die lockerflockigen Melodien ertönen. Die Albumhighlights ‚Get Closer‘ und ‚The Idiot‘ tun sich gerade wegen der lässigen Gitarrenhooks deutlich hervor und bestimmen den Sound der Londoner. Dabei singt Sänger Samuel Fry, dessen Stimme übrigens sehr nach Kings of Leons Caleb Followill klingt, ganz unaufgeregt von Situationen des Alltags. Die eigenen Erfahrungen und Beobachtungen der Band spielen die erste Geige, authentisch und mit voller Überzeugung.

Ein Gefühl will sich dennoch nicht lösen. Sie klingen zu glattproduziert. Ecken und Kanten? Fehlanzeige. Dabei wirkt es, als seien Life In Film in einer anderen Zeit hängen geblieben. Als sie 2010 auf der Bildfläche auftauchten, war das Erbe von Bands wie The Kooks und The Wombats als Indie-Musterknaben fast abgelaufen. Der unbeschwerte Mitsingpop, der Teeniemassen begeisterte und dazu führte, dass die jungen Erwachsenen am Lagerfeuer neben ‚Wonderwall‘ auch noch ‚Seaside‘ spielten. Mittlerweile befinden sie sich damit auf einem überladenen Schiff, das wegen zu viel Gewicht unterzugehen droht.

Vielleicht schaffen es Life In Film dennoch. Immerhin ignorieren sie gekonnt, dass bereits 2015 ist. Und noch eines haben sie, das ihren Vorgängern mittlerweile (fast) abhanden gekommen ist: eine Menge Spaß am Spiel und eine schon seit langem vermisste Glaubwürdigkeit.

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