Haggard, Sound Storm und Remember Twilight – Ein Hoch auf die Klassik!
“ Remember Twilight aus Stuttgart durften bei den Deutschlandkonzerten der „Symphonic Autumn Blast“-Tour von Haggard und Sound Storm ihren Kammermusik-Core vortragen. Mit Violine, Oboe und Violoncello, Riffwand und herben Gesang von Frontmann Timo wurden die ersten Nackenmuskeln gelockert und Musiker-Mundwinkel nach oben geschoben. Selbst die streikende Gitarre zum Abschluss des Auftritts konnte nicht zum Stimmungskiller werden. Insgesamt 30 gute, kurzweilige Minuten einer sympathischen Band.
“ Genaue Beobachter konnten bei Sound Storm gleich drei neue Gesichter ausmachen: Mit Alesssandro Bissa gab es einen neuen Schlagzeuger, Elena Crolle präsentierte sich am Keyboard und auch der charismatische Philippe D’Orange wurde am Mikro von Valerio Sbriglione ersetzt. Wer eine Band erwartete, die sich erst finden muss, wurde glücklicherweise enttäuscht, wenn Sound Storm legten ein italienisches Symphonic Metal-Brett hin, das vor Spielfreude, Härte und großen Melodien nur so strotze. Auch wenn Neu-Fronter Valerio stellenweise noch die Texte vom Papier auf dem Boden spickte, präsentierte er sich als stimmgewaltiger und publikumsoffener Fronter, der agierte, dirigierte und das Publikum immer weiter aufputschte. Das Opener-Intro „Immortalia“ und der folgende Hit „Back To Life“ zeigte, dass sich das neue Trio nicht hinter den Vorgängern verstecken muss, vor allem Valerio Sbriglione, der stimmlich im selben Fahrwasser wie sein Vorgänger schwimmt und stellenweise einen ähnlichen Reibeiseneinsatz einbringt. „The Curse Of The Moon“, „Blood Of Maiden“, das mit „Ich bin ein Lügner“-angekünfigte „Torquemada“ oder das abschließende „The Portrait“ sorgten für eine schnell vergehende dreiviertel Stunde, bei der zwar viele Chöre vom Band kamen, die Sonnenaufgangartige Lightshow beim monumentalen Schlusssong irgendwie den Eindruck hinterließ, eine Nacht inmitten von Vampiren (eine Thematik, die sich optisch in der Vergangenheit der Band niederschlug) unbeschadet überstanden zu haben und euphorische Erleichterung aufkommen ließ. Ein ganz starker Auftritt!
“ Haggard verstehen es wie keine andere Band, elegante Klassik und Rennaissance mit mörtelndem Death Metal zu verbinden, ohne das beide Elemente losgelöst voneinander wirken. Optisch die präsenteste und beeindruckendste Band des Abends, sorgten Haggard für einen Klangrausch ab dem Opener „Of A Might Divine“, der sich in ein headbangendes Meer auf der Bühne und gleichzeitig im Publikum entlud. Mit Kontrabass, Violoncello, Violine, Cemballo, Sopran, Tenor und dem derben Growling von Bandchef Asis Nasseri gepaart mit derben Riffattacken wurden so die Geschichten von Galileo Galilei („The Observer“) und Nostradamus („The Final Victory“, „Awakening The Centurys“) lebendig.
Zwar wirkte Asis zwischen den Songs extrem ausgeglichen und fast schon lethargisch, dafür explodierte er nahezu stimmungstechnisch, wenn er zu den Growls anhob. Immer wieder schön anzusehen waren die Duette zwischen der Sopranistin und dem Meister, dazu die klassischen Metalmusiker umrahmt von silbernen Standkerzenleuchtern. Natürlich wurde jede Nummer vom „And Thou Shalt Trust… The Seer“ abgefeiert, die Stücke von „Awaking the Centuries“ bejubelt und die Songs von „Eppur Si Muove“ begeistert aufgenommen, die live mehr Wucht versprühten als die Studioversionen.
“ Interessant auch zu sehen, wie sich die Metal-Musiker zurück nahmen und zur Seite gingen und damit auch Respekt zollten, als die klassischen Kollegen ihre Parts spielten. Hier ist die Klassik kein schmückendes Beiwerk, sondern ein gleichberechtigter Partner, der das besondere in der Klangwelt ausmacht.
Nachdem für das Jahr 2015 ein Konzeptalbum namens „Grimm“ angekündigt ist und sich mit den Märchen der berühmten Gebrüder auseinander setzt, gab es einen ersten Vorgeschmack mit einem neuen Song, der viel für das neue Werk erhoffen lässt. Bis dahin ließen Haggard ein völlig befriedigtes Publikum zurück.