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Gods Of Violence

Irgendwie ist mein Mitgefühl schon bei all denen, die beim letzten Kreator-Album „Phantom Antichrist“ über die extrem saubere Produktion und die enorm melodische Ausrichtung gewettert hatten. Für diese Fangruppe sei gesagt: hört hier am Besten hier gar nicht rein. Denn „Gods Of Violence“, das mittlerweile vierzehnte Studioalbum der Band, geht noch einen ganzen Schritt weiter.

Dank massenweise mehrstimmiger Gitarrenharmonien, vielen Midtempo-Songs, ultraeingängigen Hooklines, Streichern und generell jeder Menge Pomp spricht „Gods Of Violence“ noch mehr als der Vorgänger weniger den traditionellen Thrash-Connoiseur an als eher ganz allgemein den modernen Metalfan, der auch mal Arch Enemy oder gar „schlichten“ Power Metal auflegt. Ja, ein Song wie ‚Totalitarian Terror‘ hätte mit Ausnahme von Milles gewohnt angepisstem Gesang auch problemlos auf eines der letzten Helloween-Scheibchen gepasst, der Titelsong erinnert gar ein wenig an Running Wild! Und, ist das ein Dudelsack auf ‚Hail To The Hordes‘? Und, singt Mille da tatsächlich in ‚Fallen Brother‘ einen Part in Deutsch? Und klingt nicht der gesamte Song verblüffend wie ein Überbleibsel der „Endorama“-Phase? Da können für den aufrechten Old School-Thrasher schon mal die Pforten der Hölle knarren wie kurz vorm endgültigen Zusammenbruch.

So man denn aber mit der melodischeren Ausrichtung der Scheibe klarkommt, haben Kreator natürlich wieder wirklich coole Arbeit abgeliefert und die neuen Einflüsse geschickt in den Bandsound integriert. Wenn man schon nach dem ersten Hören die Hälfte des Albums als Ohrwurm eingefangen hat, haben die Kreativen hinter den Songs definitiv etwas richtig gemacht. Im Gegensatz zu, sagen wir mal, In Flames geht Kreator nämlich trotz nicht wegzudiskutierender kommerziellerer Ausrichtung nach wie vor jeglicher aufgesetzter Pseudo-Coolness-Effekt ab. Kreator haben immer noch Spaß daran, regelmäßig das Gaspedal durchzutreten, und ja, ‚Side By Side‘ mag einen Manowar-Refrain und Iron Maiden-Gitarrenharmonien haben, aber eben auch ein klassisches Mille-Rübenabschrauber-Riff, das auch auf „Terrible Certainty“ durchaus ins Programm gepasst hätte – damals eben in anderem Kontext.

Aber, liebe Alte Schule und Hochgeschwindigkeitsblechverehrer, eigentlich möchte ich „Gods Of Violence“ gar nicht verteidigen. Denn ganz grundsätzlich hat das die Scheibe gar nicht nötig, auch ohne den Segen der Traditionalisten ist „Gods Of Violence“ nämlich ein Musterbeispiel für perfekt in Szene gesetzten modernen Metal. Klar, ein paar mehr Ecken und Kanten hätte das Album durchaus vertragen, auch für meinen Geschmack, aber deshalb nun die Volkstrauer auszurufen ist schlicht kompletter Blödsinn. Wenn Kreator denn heuer der Sinn nach Melodischem steht, geht das für mich auch aufgrund der Qualität des Ergebnisses mehr als nur in Ordnung.

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