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Fallen

„Wir sind keine christliche Rockband!“

, ließ Sänger und Gitarrist Michael Sweet Anfang Jahres verlauten und stieß damit viele – hauptsächlich Christen – vor den Kopf. Was Sweet damit erklären wollte, war, dass er es absurd findet, eine Band als christlich zu „schubladisieren“. Stattdessen habe sich Stryper immer als simple Rockband aus christlichen Mitgliedern verstanden. Betrachtet man allerdings die Bandgeschichte, dann war die christliche Etikette von Anfang an Bestandteil ihrer Vermarktung und die christliche Rock- und Metalszene hatte damit ihre Vorzeigeband, die es kommerziell wie keine andere christliche Band an die Spitze schaffte. Aus konservativen Reihen wurde scharf auf Stryper geschossen, da aus deren Perspektive christlicher Glaube und Rockmusik nicht vereinbar sei. Dies wiederum veranlasste die Band dazu, ihr typisch gelb-schwarzes Outfit abzulegen, den Schriftzug zu ändern und mit „Against the Law“ ein Album zu veröffentlichen, auf dem man komplett auf die zum Teil überaus plakativen Texte verzichtete.

15 Jahre dauerte es dann, bis man sich nach Auflösung und Reunion mit „Reborn“ zurückmeldete. Doch der Versuch, an ihre 80er-Werke anzuknüpfen oder zumindest einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, erwies sich als Schwerstarbeit. Sowohl „Murder By Pride“, das Coveralbum „The Covering“ als auch das Remake-Album „Second Coming“ wurden gnadenlos vom übersättigten Markt erstickt. Erst „No More Hell To Pay“ vermochte wieder richtig Fuß zu fassen und wurde mitunter sogar begeistert aufgenommen. Knapp zwei Jahre später kündigen Stryper mit „Fallen“ ihr bisher härtestes Werk an – die Songproben von ‚Yahweh‘ und ‚Fallen‘ waren zusammen mit dem ästhetischen Cover-Artwork ein überraschender Appetitanreger. Überraschend, weil Stryper tatsächlich härter, düsterer und vor allem besser als je zuvor klingen!

Mit ‚Yahweh‘ wird das Album zwar mit einem gospelähnlichen Refrain eröffnet, doch die Gitarrenattacken und die Tempowechsel im Mittelteil erheben Strypers Sound auf eine höhere Ebene. ‚Fallen‘, ‚Let There Be Light‘, ‚The Calling‘ und ‚King Of Kings‘ hauen da in dieselbe Kerbe, halten das hohe Niveau problemlos und zeugen von inspiriertem Songwriting. Sternstunden in Strypers Songkatalog sozusagen, die zum wiederholten Mal Goldkehle Michael Sweet in scheinbar ewiger Jugend und Oz Fox als begnadeter Saitenakrobat offenbaren. Auch die Stampfer ‚Pride‘ und ‚Big Screen Lies‘ fügen sich nach anfänglicher Blockade mühelos ein, während die etwas gemächlicheren ‚Heaven‘ und ‚Love You like I Do‘ eher an glorreiche alte Tage erinnern. Positiv zu vermerken ist auch das Black Sabbath-Cover ‚After Forever‘, denn irgendwie ist gerade dieses Stück bezeichnend für die Soundausrichtung auf dem gesamten Album, welchem unüberhörbar die unvergleichliche Schwere von Tony Iommis Riffkünste zugrunde liegen. Schwer verdauliche Kost bietet hingegen einerseits ‚Till I Get What I Need‘, das sich durch sein unpassendes Tempo als Stilbruch erweist. Abschließend wird mit der Ballade ‚All Over Again‘ der Vogel dann endgültig abgeschossen. Auf einem Country-Album wäre der Song ja passabel, aber bitte nicht auf einem Metal-Album, meine Herren – das geht gar nicht!

Insgesamt aber bietet „Fallen“ wirklich wenig Anlass zur Kritik. Das einst gefeierte Aushängeschild des White Metal meldet sich zurück und ragt stolz über die ohnehin schon großartigen Releases dieses Jahres von Genrekollegen wie Scorpions, Europe oder Iron Maiden hinaus. Knüpfte „No More Hell To Pay“ an die Glanzzeiten von „Soldiers Under Command“ oder „To Hell With The Devil“ an, so schlägt man mit „Fallen“ zwar einen etwas härteren Kurs ein, aber definitiv auch einen ausgereifteren. Egal, ob Stryper nun eine christliche Band oder schlicht eine Band aus Christen sind – wer klassischen, hervorragend gezockten und stimmigen Heavy Metal mit hymnenhaften Hooks mag, der kommt an „Fallen“ definitiv nicht vorbei.

geschrieben von Rosario Fazio

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