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Fake Lights

Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, dürfte zumindest als Redensart hinlänglich bekannt sein. Dass aber auch nicht alles Licht sein könnte, was da so leuchtet, muss man sich erst einmal vergegenwärtigen. Gerade jetzt im Herbst. Unter der Leuchtstoffröhre vom Baumarkt jedenfalls hat noch kein Körper Vitamin D gebildet, geschweige denn sich bräunen lassen. Dazu braucht’s schon Sommer, Südsee oder Solarium. Last Leaf Down führen die dritte Jahreszeit in Bandnamen und Albumtitel gleichermaßen spazieren und verbreiten ein wohlig-melancholisches Abendleuchten, dessen Inhaltsstoffe einem einfach mal Jacke wie Hose sein sollten, solange sie einen in Wärme tauchen. Zumindest vorerst.

Was das angeht, lässt ‚Fake Lights‘ kaum Wünsche offen. Unendlich erscheinende Keyboardflächen, schillerndes Wetterleuchten an den Gitarren, ätherischer Reverb über allem. Die Schwelger aus dem schweizerischen Solothurn wissen, wie Shoegaze geht, lassen sich aber auch in Grenzregionen nicht lumpen. Slowdive, Alcest – geschenkt! Spannend wirds immer dann, wenn sie schwadenweise Düsterkeit freisetzen, um dann beispielsweise an Tiamat zu erinnern. So verteilt sich über all die schöngeistige Melancholie unversehens der aschgraue Film der Endgültigkeit. Die samtige, leicht verwaschene Produktion verlötet all das zu einer stimmungsvollen Einheit. So weit, so gelungen.

Allerdings ist die Gleichung „Samt + Hall = Atmo“ nicht über die ganze Länge des Albums hinweg auflösbar. Last Leaf Down müssen aufpassen, dass sie ihre Allformel nicht überstrapazieren, sie nicht über zu viele Runden das gleiche Blatt ausspielen. Der vermeintliche Meisterdegen nutzt sich ohne Gangwechsel schnell zum stumpfen Schwert ab und die anfänglich so unterscheidungskräftigen Stücke verknubbeln sich zu einem auf wenige Ausgangswerkstoffe rückführbaren Variantenhaufen: Rhythmik, Klangfarbe, Gesangstimbre – die Zuordnungen erscheinen schnell beliebig. Musik zum Seufzen, Idee prima, aber über dreizehn rund vierminütige Tracks ausgewalzt relativ zäh. Zu wenige Ideen für zu viel Spielzeit. Eine Raffung da und dort, ein paar weitere Ausbrüche wie die der letzten Albumsekunden wären hilfreich gewesen, vielleicht auch etwas Distortion. So aber wirkt dieses Debüt wie ein Engtanz auf zwei Badezimmerkacheln: prickelnd, aber irgendwie angestrengt. Hingucken muss man trotzdem.

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