Don’t Kill The Magic
Eine Plattenkritik trennt nicht selten ein schmaler Grat von einer platten Kritik. Ungefähr so schmal wie ein Leerzeichen, vielleicht aber auch noch schmaler. Es gibt Alben, die lassen einem schlichtweg die Lust vergehen, diesen Grat zu beschreiten. Hier kommt das nächste Beispiel.
Würden Magic! doch durch alle ihre Songs so hasten wie durch ‚Paradise‘. Wie entzückend schnell diese quietschgelbe Scheibe dann ausgelaufen wäre! Die Realität sieht anders aus, denn Magic! machen Reggae-Fusion. Reggae-Fusion ist metrisch ähnlich lame wie Reggae, allerdings mit noch bedeutend lameren „Rock“- und Pop-Elementen anbiedernd verzehrfertig aufbereitet, um ins Pokern um fette Platzierungen mit einzusteigen. Schwabbelige Hooks und an Belanglosigkeit kaum mehr zu überbietende Texte über Frauenhaar, Autofahren und pubertäre Anwandlungen. Gib ihm! Für immer dann, wenn die Musik egal ist. Montagmorgens mit Müsliresten zwischen den gebleachten Zähnen. Springbreak für Spießer und Ahnungslose. Hier rein, da raus. Aussteigen, vergessen, abperlen lassen. Malochen. Alles kaum der Rede wert.
‚Don’t Kill The Magic‘ ist nicht allein musikalisch anspruchslos, sondern noch dazu Ventil für die sexistische Ader seiner primitiven Schöpfer, für die eine Frau ein Gerät ist, dessen Knöpfe man lediglich in der richtigen Reihenfolge bedienen muss, um zu bekommen, was man will. Ein Butterbrot zum Beispiel.
‚All I wanted was a home-cooked sandwich / But your greedy little fingers couldn’t manage‘
, singt Nasri Atweh in ‚Little Girl Big World‘ und disqualifiziert sich sowohl künstlerisch als auch charakterlich. Nicht, dass seine Texte im Übrigen geistreicher wären. Nur: So tun sie besonders weh.
‚If I was your father I would spank you till you know what you did!‘
Und so doppelt. Ich möchte nicht Nasri Atwehs Vater sein wollen müssen.
In unermüdlichem Anwanzton fingert der Sänger immerfort wahllos nach seinen Hörern, will sie auf Teufel komm raus in seine kleine musikalische Plastikbutze locken, wo die Decken so tief hängen, dass der Kopf schon im Vorgarten vorm Anstoßen vom Anstoßen schmerzt. Die ehrbarste Mühe gibt sich auf dieser Platte Bassist Ben Spivak. Als hätte das noch einen Zweck.
‚Don’t Kill The Magic‘ will erhalten wissen, was längst verloren scheint. Nicht mehr als eine leblose Hülse setzen uns Magic! hier vor – Zombie-Pop ohne Botschaft, ohne Stil, ohne Substanz. Und ungefähr so magisch wie der Hotbutton bei 9Live. Ein Armutszeugnis.