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DØDHEIMSGARD – Black Medium Current

Dødheimsgard… schon lange ist dieses Kollektiv von herausragenden Musikern aktiv, der Welt zu vermitteln, dass auch im Metal, und dort vor allem auch im Black Metal, Menschen unterwegs sind, die nicht auf Provokation, Plakativität oder generische Versatzstücke zurückgreifen müssen. Nein, es gibt auch Menschen, die voller Spannungen, Gegensätzen und Gefühlen sind und die es schaffen, ebendiese in kreative Bahnen zu lenken. Dødheimsgard waren möglicherweise noch nie wirklich zugänglich; Musik, die man vordergründig oder nebenbei „laufen“ lassen kann gab es noch nie. Doch acht Jahre nach ihrem letzten Album haben sich Vicotnik & Co. mit „Black Medium Current“ selbst übertroffen.

Viele erinnern sich sicher an den ersten Teil von „Scream“, als Ghostface „I want to see what your insides look like“ ins Telefon raunzt. Nun, offensichtlich hat er bei Vicotnik durchgeklingelt und „Black Medium Current“ ist dessen Antwort. Dieses Album wirkt zutiefst echt, persönlich, nackt, offen gelegt. Der Hörer wohnt hier 70 Minuten lang einer Operation am offenen Herzen bei. Eigentlich kann und darf man nicht auf einzelne Tracks eingehen, denn dies hier ist ein Gesamtkunstwerk (wer es doch braucht: „It does not Follow“ ist der Anspieltipp). Insgesamt kann man den Eindruck gewinnen, dass die Musik zumindest etwas zugänglicher ist als auf den früheren Werken – das mag eben daran liegen, dass die Musik so intim wirkt; hier wurden Teile des Kopfes durch Teile des Herzens ersetzt und das ist etwas, dass die Musik doch irgendwie sagen wir „nachvollziehbarer“ macht. Natürlich gibt es noch immer unendliche Schichten zu entdecken, und jede dünne Schicht, die man abzieht lässt eine neue Schicht entstehen.

„Black Medium Current“ ist wie ein offen pulsierendes Herz.

Es gibt alle Zutaten, die man erwartet, und auch jede Menge, die einem – zumindest wenn man mit Avantgarde Black Metal bisher weniger in Berührung gekommen ist – die Kinnlade herunterklappen lassen. Von progressivem Durcheinander über cleanen Gesang, fiesem Gekeife, Bombast, zurückgenommenen akustischen Passagen, unglaublichen Melodien und wahnsinnigen Breaks, von Jazz bis Industrial, von ursprünglichem, sehr rohen Black Metal bis zu zirkushaftiger, stellenweise gar humoresker Theatralik – es gibt hier nichts, das es nicht gibt. Doch wirkt die Art, wie all diese unendlich unterschiedlichen Elemente verbunden werden, unglaublich organisch, harmonisch und nachvollziehbar. Um dem ohnehin schon sensationellen avantgardistischen Konstrukt die Krone aufzusetzen gibt die Band auch lyrisch weit mehr, als man es von der Konkurrenz gewohnt ist – weder sind die Lyrics völlig bar jeden Sinnhaftigkeit, noch erschöpfen sie sich in primitiven Strophe-Refrain-Abfolgen. „I’m under your skin“ singt Vicotnik bei „Interstellar Nexus“ – treffender kann man dieses Magnum Opus nicht beschreiben.

Die einzige Sorge – die man spätestens nach den Folgealben z.B. von Behemoths „The Satanist“ haben kann – was kommt danach, wenn einer Band der ganz große Wurf gelungen ist? Wie soll das noch besser werden? Egal – hier liegt das Album des Jahres auf dem Tisch.

 

Note: 1+

https://www.facebook.com/DODHEIMSGARD/

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