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California Jam 1974

Ohne Frage legendär ist dieser 1974er Livemitschnitt der Mark III-Besetzung von Deep Purple. Ritchie Blackmores Regenbogen prangt bereits als Bühnendeko im Hintergrund, David Coverdale übt schon mal die laszive Mikrostativ-Akrobatik, Glenn Hughes sucht den Soul und den Funk, während Jon Lord bei jeder Gelegenheit seine geliebten Klassik-Intermezzo an den Mann respektive die Frau bringt und Ian Paice mit Mini-Drumkit das Spartanische ausprobiert. Ja, rückblickend weiß man natürlich, dies ist das Dokument einer Band, die kurz vorm Zerfall war.

Das ist aber nur vom analytischen Teil des Fanhirns so wahrzunehmen – denn tatsächlich waren Deep Purple auf der „Burn“-Tour so ziemlich die heißeste Formation der ganzen Bandgeschichte. Blackmore, wie üblich von irgendwas deutlich angepisst (Details dazu in Glenn Hughes‚ Linernotes), war in der Form seines Lebens, die sich erfreulicherweise noch bis mindestens 1978 halten sollte und spielte tatsächlich jedem Zuschauer den vielzitierten Arsch ab. Fünf Songs von „Burn“, zwei von „Machine Head“, mehr brauchte es 1974 nicht, um 90 Minuten zu füllen. Highlights verbieten sich dabei natürlich fast schon, aber erwähnt werden muss auf jeden Fall die unfassbare und schlicht beste (!) Version von ‚Mistreated‘, die je auf Konserve verewigt wurde. Und natürlich Ritchies berühmter Pete-Townshend-Gedächtnis-Amoklauf, bei dem nicht nur Gitarre und Amp, sondern auch eine Fernsehkamera dran glauben mußten.

Da ist es aber schon, das böse Wort: Fernsehen. Der Gig wurde damals vom US-Fernsehen mitgeschnitten, und dementsprechend war auch lange Jahre die Qualität eher, nun ja, was für Fans. Das wurde von der ersten DVD-Veröffentlichung bereits weitgehend geradegerückt, auch wenn natürlich die TV-Auflösung keine Mega-Heimkino-Bildqualität erlaubte. 2016 liegt der Gig nun aber in nochmals überabeiteter Fassung auf BluRay und in HD vor – welch Hexenwerk mag hier vor sich gegangen sein? Nun, ganz einfach – gar keins. Die Überarbeitung ist recht ordentlich, aber man kann eben auch aus nem Schlittschuh keine Achterbahn bauen. Der neue Schnitt wirkt deutlich dynamischer, arbeitet teilweise mit Splitscreens, auf einem richtig großen Bildschirm aber bleibt dennoch die Quelle deutlich sichtbar. Die HD-Auflösung offenbart sogar eher noch diverse zusätzliche Schwächen. Den Ton gibt’s in DTS-HD-Stereo, der mitteltolle Surround-Upmix der DVD-Version wurde hier gleich eingespart – das kann heute ehedem jedes Mittelklassegerät mindestens genauso gut.

An und für sich tut es qualitativ also auch die 2006er DVD – auch wenn die BluRay noch den Original-TV-Schnitt und ein paar stumme und wenig aussagekräftige Super8-Schnipsel aus dem Archiv diverser Crewmitglieder bietet. Wer die erwähnte Ausgabe bereits hat, kann hier getrost weitergehen – wer allerdings bislang noch nicht das Vergnügen hatte, kriegt hier 90 Minuten Livemucke vom Feinsten.

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