Eine neue Hoffnung – BartekJCs Indie-Jahresrückblick.
„Platz 5: Rollin‘ Racketeers – Magic 8 Ball
Wie sieht es im Gehirn und der Gedankenwelt eines Mannes wohl so aus? Genau diesen schlichten Ausschweifungen rund um Hotdogs, Bier, einer Whiskey Therapie oder eingliedrigen Frauen gehen Rollin‘ Racketeers auf den Grund. Dabei ist die Musik genauso wunderbar kurzweilig wie wenig tiefgründig. Mit flottem, schnörkellosem, straightem Rock’n’Roll in 50er-Manier legen die Frankfurter eine fröhliche Tanznummer nach der anderen hin.
„Platz 4: Nothing But Thieves – Nothing But Thieves
Nichts als Diebe. Warum dieser Bandname selbstironisch und plakativ ist? In jeder Faser der Tracks hört man unverkennbar das musikalische Idol der fünf britischen Köpfe raus: Muse. Ihr Debüt ist eine ansehnliche Operette, die sich vor den Rock-Opern ihrer Helden nicht verstecken muss. Den atmosphärisch-romantischen Hardrock prägt der geniale Gesang von Conor Mason. Unbegreiflich, wie ein weiterer Mensch auf diesem Planeten sowohl dieselbe Stimmfarbe als auch Intensität in die Stimme legen kann wie Matt Bellamy.
„Platz 3: AnnenMayKantereit – Alles Nix Konkretes
Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit kreieren die innovativste Pop-Musik, die Deutschland in den letzten Jahren zu bieten hatte. Ihr halb akustischer Rock, die altmodisch gehaltenen Melodien mit einer zerberstenden Stimme und teils chansonartigem Sprechgesang, ihre persönlichen, alltäglichen Texte mit hohem Empathiewert und einer tollen Balance aller Instrumente machen die Kölner zu eine der größten deutschen Hoffnungen auf geniale Musik.
„Platz 2: Ciaran Lavery – Let Bad In
Wann war Musik nostalgischer? Von seinem Onkel bekam er eine VHS-Kassette mit Aufnahmen eines alten Familienausflugs im Sommer, was Lavery ins Grübeln und Reflektieren brachte. Diese Eindrücke verarbeitete der Ire zu einer musikalisch schönen Vielfalt an Folk, Soul und Pop. Es ist eine Mischung aus neugieriger, sorgloser Aufbruchstimmung, inneren Geborgenheit, ruhevoller Harmonie – und des Spiegels, den sich Lavery vor Augen hält, während er versucht, das Kind in seinen Gesichtszügen wiederzufinden.
„Platz 1: Bon Iver – 22, A Million
Dieses Album ist eine eigene Bewusstseinserweiterung. Mit zahlreichen neuen Elektrofragmenten, die sowohl halb wahllos reingeschmissen als auch wohl überlegt und die Songs bis ins allerkleinste Detail durchdacht und auskomponiert wirken, erfindet sich Justin Vernon neu. Jeder Track ist im Klang einzigartig und kann dennoch nur im gigantischen Ganzen seine komplette Entfaltung erhalten. Ein süchtig machendes Gesamtkunstwerk mit einigen Geniestreichen. An Bon Iver führt dieses Jahr kein Weg vorbei.
„Geheimtipp: Mumford and Sons – Johannesburg
Zuerst innovativer kultiger Folk. Dann ein eigener, langweiligerer Abklatsch. Dann eine herrliche Vermischung ihres Songwritings mit Rock-Sounds. Und jetzt ihr wohl bester Streich: diese Aufnahmen während ihrer Tour durch Südafrika. Noch nie hat ihre Musik so vollkommen geklungen und von Beginn an so ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Die EP begeistert durch die tollen afrikanischen Impulse in Rhythmus und Gesang, welche die Musiker Baaba Maal, The Very Best und Beatenberg setzen. Bitte mehr davon!