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Bloodsweat

Plague Vendor, die gläserne Band. Zugegebenermaßen machen sie auf den ersten Blick nicht den extrovertiertesten Eindruck und wirken mit dem, was andernorts als schon ‚Voodoo-Punk‘ bezeichnet wurde, eher unnahbar. Selten aber lässt sich die innere Entwicklung einer Band anhand ihrer Alben so klar nachvollziehen wie bei dem Vierer aus dem kalifornischen Whittier. Wo andere ewig rumfrickeln, zusammenbasteln, überproduzieren und ein bestimmtes, oft künstliches Bild zu vermitteln versuchen, tragen Plague Vendor ihr Herz auf der Zunge – jedes Album eine Momentaufnahme, jeder Song ein aktueller Zustand.

Und dabei ist ‚Bloodsweat‘ erst ihr zweiter Longplayer. War das Debüt ‚Fee To Eat‘ ein emotionaler Ausbuch, die spontane Rebellion, kommt jetzt der Lebensentwurf. Das Philosophieren darüber, wie mit der erkämpften Freiheit umzugehen, die Position zu halten ist. Plague Vendor geben sich nicht mehr so stürmisch und so kurz angebunden wie auf ihrem Erstling. Die neuen Songs haben Zeit, sich zu entwickeln. Und das machen sie in die verschiedensten Richtungen. Obwohl Punkrock immer noch eine gewisse Rolle spielt, scheinen die Stücke doch umso kraftvoller, je mehr sie sich im Tempo zurücknehmen. Vor allem Sänger Brandon Blaine beweist, dass er nicht unbedingt eine fette Noise-Wand als Schild braucht, um die volle Wirkung seiner Stimme zu entfalten. An seiner Performance hätte Jack White ebenso sein Freude wie Josh Homme, David Byrne oder der gute alte Elvis.

Die Band gönnt sich auf ‚Bloodsweat‘ viel mehr Raum, weitet den Blick. In ‚Chopper‘ etwa bekommt jedes Instrument erstmal sein Solo, seinen ganz eigenen Moment, bevor sich alles zum Songfinale zusammenfindet. Anders als beim Debüt zeigen Plague Vendor sich nicht mehr abgeneigt, den Songs eine gewisse Struktur zu geben, Melodien herauszuarbeiten, Songwriting als eine Kunstform zu betreiben.

Das heißt nicht, dass in der Produktion viel rumgedocktert wurde. Im Gegenteil, die Songs wurden in den zwei Jahren seit ‚Free To Eat‘ in unzähligen Live-Shows erprobt und entwickelt. Als man mit ihnen endlich ins Studio ging, wurden sie in so wenig Takes wie möglich eingespielt, um ihre Live-Qualitäten beizubehalten. Sie sind ungeschliffen, wütend, unberechenbar, lasziv, herausfordernd. Ihre Unmittelbarkeit ist es, was Plague Vendor auch auf Album Nummer zwei so besonders macht.

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