Alice
Beatsteaks, Tocotronic, Sleaford Mods – Bands, die einen popkulturell progressiven Anspruch und trotzdem das große Publikum im Blick haben, engagieren für ihre Konzerte dieser Tage gern Karies als Support. Das bestätigt eigentlich nur, dass die Stuttgarter keine Nischenband sind, es nie waren. Und das trotz ihres sperrigen Sounds und der unbedingten Entschlossenheit, am Mainstream vorbei zu musizieren und ja keine Erwartungen zu erfüllen.
Und so ist, wenig überraschend, ‚Alice‘ ganz anders als ihre beiden Vorgängerplatten. Und festigt doch, ebenso wenig überraschend, den guten Ruf von Karies. Weil sie nämlich das Signet Post-Punk im weitest möglichen Sinne auslegen und -reizen. Ihre Noise-Avancen schränkt die Band auf ihrem dritten Werk stark eine, stattdessen sind ausgeprägte Synthie-Arrangements und sphärische Melodien zu hören, die bisweilen ins dreampoppige abdriften.
Erfreulicherweise geht es nicht mehr so elegisch zu wie auf ‚Es geht sich aus‘. Der Opener ‚Holly‘ wartet sogar mit äußerst dynamischem Gesang auf, und ‚Pebbo‘ lebt von einem flotten Disco-Beat à la Hubert Kah (‚Whoo!‘). Die Achtziger lassen die Band einfach nicht los. Schöner war es jedoch, als Karies sich auf ihrem Debüt noch eher an DAF und Co. orientiert haben. Mit den ersten drei Stücken wurde ‚Alice‘ zwar ein starker Auftakt verpasst. Dessen Kredit wird im Folgenden aber durch hartnäckige Verkopftheit und synth(et)ischen Klängen langsam aufgebraucht. Die Dynamik liegt am Ende fast nur noch in den Texten der Songs.
Sicher, Karies sind vielseitig und ziehen ihr Ding durch. Sie erteilen einengenden Genre-Schubladen einmal mehr eine Absage. Auf der anderen Seite bleiben sie dadurch aber schwer fassbar und stehen für keine bestimmte Stimmung. Das ist bei etwas so Emotionalem wie Pop-Musik oft aber doch ausschlaggebend. Die Stärke der Band bleiben damit hauptsächlich die inspirierende Sicht und treffenden Kommentare auf die heutige Zeit und das Geschehen in ihr.