Aathma
Mit dem überall als Geniestreich abgefeierten Vorgänger „Spiritual Migration“ hatten Persefone im härteren Prog-Metal-Underground ja für jede Menge Furore gesorgt. Ihre ursprünglichen Death Metal-Wurzeln hatte die Band schon damals größtenteils abgelegt. Das neue Album „Aathma“ (schwäbisch für „Durchatmen“) zieht diese Abgrenzung nun noch deutlicher durch und bewegt sich – trotz nach wie vor hochverfrickelter Songstrukturen – noch weiter in konventionelle musikalische Gefilde.
Schon das mit schönen, Rick Wakeman-artigen Pianoparts (die sich durchs komplette Album ziehen) ausgestattete eröffnende Instrumentaldoppel ‚An Infinitesimal Spark/One Of Many‘ wildert ganz klar eher im Garten von Dream Theater als bei Cynic (deren Paul Masvidal einen Gastauftritt absolviert) und alten Opeth. Auch gesanglich gibt’s mittlerweile statt garstigem Todesgeröchel eher eine metalcorige Mischung aus (vornehmlich) schmerzerfülltem Geschrei und pathetischem Klargesang, der im Verbund mit jeder Menge Schweden-Gitarrenharmonien deutlich an die neueren In Flames oder Soilwork erinnert. Dazu kommen diverse ruhige Instrumentalfragmente wie ‚Vacuum‘, ‚Cosmic Wakers‘ oder der dreist bei Pink Floyd (‚Echoes‘!) gemopste Start von ‚Aathma Part I: Universal Oneness‘, die eher im Postrock-/Metal-Stil gehalten sind. Ja, und zum Abschluß mit ‚Aathma Part IV: Many Of One‘ noch eine Roger Waters-mäßige Ballade mit elfenhaftem Frauengesang. Hmmm…
Nun, Weiterentwicklung sei jedem gestattet, aber man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, daß Persefone es auf „Aathma“ auf Teufel komm raus jedem recht machen wollen. Was „Aathma“ aber trotz aller Anstrengung nicht vermittelt, ist so etwas wie Emotion oder gar eine greifbare musikalische Identität. Dem Progmetal wird ja gelegentlich – und oft zu Unrecht – vorgeworfen, lediglich kühle technische Kabinettstückchen im Stückwerk zu fabrizieren, und leider bedient „Aathma“ exakt dieses Klischee über weite Strecken. Was beim ersten Hören noch durch die schiere Fülle an Einfällen beeindruckt, fällt mit dem Gewöhnungseffekt deutlich auseinander und offenbart die fehlende emotionale Tiefe hinter der ganzen technsichen Angeberei. Die Riffs sind zu oft untereinander austauschbar und erwecken regelmäßig den Eindruck, all das schon einmal gehört zu haben, und auch die – zugegeben, seltenen – Gesangsparts sind alles andere als zwingend und wirken eher wie nachträgliche Einfälle. So wirkt der viergeteilte Titelsong auch nicht viel mehr wie eine einheitliche Komposition als der Rest des Albums – Frickel-Part trifft auf ruhigen Part trifft auf Knüppel-Part, ohne je wirklich ein in Herz oder Bauch treffendes Ganzes zu ergeben.
Schade, denn so bleibt eine objektiv gut gemachte Scheibe, die exzellent produziert ist, natürlich von Jens Bogren gemixt und auf unfassbar hohem technischem Niveau eingespielt und komponiert wurde. Das nutzt aber freilich nichts, wenn das Endergebnis derart kalkuliert klingt und so kalt und leblos wie eine Schaufensterpuppe bleibt. Für ein „Meisterwerk“ oder gar ein „Jahrhundertalbum“ fehlt da doch noch ein gutes Stückchen.