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A Séance Of Dark Delusions

Großspuriger Bandname, aufgeplusterter Albumtitel, übereifriges Songwriting – Nordic Giants wären gut beraten gewesen, vorm Angehen ihres LP-Debüts einen Gang zurückzuschalten. Dem britischen Progressiv-Duo gelingt es auf ‚A Séance Of Dark Delusions‘ kaum, sich einen festen Kern zu formen, da es seine Schaffenskraft nicht kanalisieren kann … oder will, eiteler Weise?

Die instrumental ausgerichteten Arrangements und eine Abordnung wechselnder Gastsängerinnen drücken sich hier gegenseitig den Staffelstab in die Hand; Führung will so recht keiner übernehmen, weswegen sich – aller Schönheit zum Trotz – kaum ein Stück in den auditiven Windungen verfängt. So gleicht das Album dramaturgisch betrachtet einer einzigen Ansammlung wenig akzentuierter, keyboard- und klavierbesprenkelter Intros und Outros – einer Menge ambitionierter, strukturell vager Vorbeben, die bis zuletzt hinter dem Angedeuteten zurückbleiben. Einzig das Martin-Luther-King-Sample von ‚Spirit‘ hallt nach. Und womöglich Michael C. Rupperts Appell aus ‚Apocalypse, Man‘ in ‚Evolve Or Perish‘. Dramatik auf Leihbasis, ‚A Séance Of Dark Delusions‘ als Silberling voller fremder Fingerabdrücke.

Vom Sounddesign her ist das alles großes (Kopf-)Kino, voller Phantasie und gutem Willen und selbstverständlich brillant produziert. Schließlich geht es hier um einen Kscope-Release. Nur: Wo ist das, wovon sie die ganze Zeit abschweifen? Wann zeigen sie sich endlich, die Nordic Giants? Und wie zeigen sie sich, wenn nicht mit fester gesanglicher Säule oder charakteristischen Riffs? Hoffnungsträger sind die Visuals, der Augenschmaus zum Album, die nicht nur für die Konzerte von großer Bedeutung sein, sondern sich außerdem noch auf einer Zusatz-DVD befinden sollen – die allerdings dann doch nicht für wichtig genug gehalten wurde, sie der Bemusterung beizufügen. Wo ist der Perfektionismus dieser beiden Musiker, wenn es mal drauf ankommt?

In Anbetracht der verordneten Blindheit hat sich der Rezensent also mit lauwarmen Referenzen zu begnügen. So denn: ‚Rapture‘, das eigenständigste Stück der Platte, klingt wie eine SciFi-Hommage an die Sigur Rós der ‚Með suð í eyrum við spilum endalaust‘-Ära: übermütiges Schlagzeug, verspielter Gesang, glockenhelle Backgroundchöre. Nur eben etwas auf futuristisch getrimmt und mit schnittigen Chromleisten verziert, so wie es auch die Kollegen von Collapse Under The Empire gern bei ihrer Interpretation des Post-Rock tun. Der Rest zerläuft zur stimmungsvoll fluoreszierenden, aber ärgerlich unfestgelegten Grundgefühlssoße.

Fans des rauen Nordens führen Loki und Roka damit genauso in die Irre wie diejenigen, die in dem Glauben, das bestenfalls unübersichtliche Albumkonzept besser erfassen zu können, einen Schritt weg von der Leinwand tun. Letzteren sei gesagt: Es könnten derer nicht genug sein – visueller Vorbehalt hin oder her.

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